Eine Petition für den Papst
Es ist eine ungewöhnliche Unterschriftenaktion, die seit einigen Wochen für Aufsehen unter Katholiken sorgt. Rund 63 000 Gläubige, darunter viele prominente Namen, haben sich einer Onlinepetition namens „Pro Pope Francis“angeschlossen. In einem offenen Brief bitten sie den Papst darum, von seinem Reformkurs nicht abzuweichen. Und sie loben seine „theologisch wohlbegründete Amtsführung“.
Doch genau daran gibt es Zweifel. Konservative Bischöfe und Kardinäle warfen dem Papst vor, mit seinem Familienschreiben „Amoris Laetitia“(2016) die traditionelle Lehre der katholischen Kirche zu verwischen. Franziskus machte darin den Weg frei für die Zulassung wiederverheirateter Geschiedener zur Kommunion. Mehr als 60 katholische Priester und Gelehrte beschuldigten ihn daraufhin der Häresie, also der Leugnung einer Glaubenswahrheit. Unter einem Pseudonym erschien im Internethandel jetzt ein Buch, das den Papst als „Diktator“darstellt, der Kritiker mundtot mache und desorganisiert sei. Es gibt schönere Geschenke zum 81. Geburtstag, den Franziskus gestern feierte.
Unterstützt wird die Onlinepetition auch von einigen deutschen Bischöfen, unterschrieben hat unter anderem der Rottenburger Weihbischof Matthäus Karrer. Die meisten katholischen Bischöfe scheuen diese Art der Solidaritätsbekundung. Gehorsam gegenüber dem Papst ist für sie offiziell eine Selbstverständlichkeit. Zudem gibt es die Sorge, die Aktion – initiiert vom Pastoraltheologen Paul Zulehner – könne den Eindruck erwecken, der Papst sei angeschlagen und auf Unterstützung angewiesen. Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Thomas Sternberg, unterstützt die Kampagne. Allerdings findet er es „schade, um nicht zu sagen fatal, dass es eine solche Kampagne überhaupt geben muss“.
Für Aufregung auch unter Laien sorgte zuletzt eine Äußerung des Papstes: Die Vaterunser-Bitte „Und führe uns nicht in Versuchung“sei „keine gute Übersetzung“, hatte er Anfang Dezember in einem Interview gesagt. „Lass mich nicht in Versuchung geraten“träfe es besser. In Frankreich hatten die Bischöfe beschlossen, die Übersetzung entsprechend zu ändern. Kritiker warnen nun davor, das wichtigste Gebet des Christentums, das laut Bibel von Jesus selbst gesprochen wurde, dem Zeitgeist anzupassen. Zahlreiche Wissenschaftler wiesen darauf hin, dass die seit Martin Luther übliche deutsche Übersetzung dem griechischen Urtext des Neuen Testaments genau entspreche.
Tatsächlich löste der Argentinier in diesem Fall Widerspruch bei manchem in Deutschland aus, der sonst hinter ihm steht. „Ich sehe keine Notwendigkeit, das zu verändern“, hatte Kardinal Reinhard Marx, der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, zuletzt am Freitag in München erklärt. „Ich habe den Eindruck, dass die meisten Bischöfe das so sehen wie ich und keinen Handlungsbedarf sehen.“Das Vaterunser werde in Deutschland nicht verändert. Beim gleichen Termin betonte Marx in Sachen Petition jedoch: „Ich kann nicht feststellen, dass der Papst an Autorität im Vatikan verloren hat.“Dass die Kritik an Franziskus, der im März sein fünftes Amtsjubiläum begehen wird, verstummen wird, ist jedoch ebenfalls nicht zu erwarten. (dpa)