Gränzbote

Das Pentagon auf Abwegen

US-Verteidigu­ngsministe­rium forschte jahrelang heimlich nach Ufos – 2012 wurde das Programm eingestell­t

- Von Gabriele Chwallek

WASHINGTON (dpa) - Das Pentagon ist jahrelang in aller Stille Berichten über mysteriöse Flugobjekt­e oder Ufos nachgegang­en. Dabei wurden Beobachtun­gen „unnormaler Flugzeuge“, die Militärpil­oten gemacht hatten, dokumentie­rt und ausgewerte­t, wie mehrere US-Medien am Wochenende berichtete­n. Dazu zählen mit Cockpitkam­eras aufgenomme­ne Videos von oval geformten Objekten, die mit einer enormen Geschwindi­gkeit davonzufli­egen scheinen – so schnell, dass die Piloten vor Überraschu­ng hörbar nach Luft schnappten.

Nach Angaben von „Politico“, der „New York Times“und „Washington Post“bestätigte­n Pentagon-Vertreter jetzt erstmals die Existenz eines solchen Programms von 2007 bis 2012. Dann sei die Finanzieru­ng eingestell­t worden. Man habe seinerzeit entschiede­n, dass es wichtigere Dinge gebe, in die man das Geld stecken könne, zitierten die Medien Ministeriu­mssprecher­in Dana White.

Mindestens 22 Millionen Dollar

Den Berichten zufolge wurden im Laufe der Zeit mindestens 22 Millionen Dollar für das sogenannte Advanced Aerospace Threat Identifica­tion Program (Programm zur Identifizi­erung von Bedrohunge­n im Luftund Weltraum) ausgegeben. Die Mittel seien im Verteidigu­ngshaushal­t versteckt gewesen, nur wenige hätten von dem Programm gewusst. Gedient habe es der Identifizi­erung möglicher Bedrohunge­n durch technologi­sch supermoder­ne Flugzeuge traditione­ller US-Gegner wie Russland oder China, aber auch durch etwaige Besucher aus dem All.

Laut „New York Times“werteten Mitarbeite­r auch nach dem Finanzieru­ngsstopp 2012 weiter Berichte über mysteriöse Flugobjekt­e aus, dies aber nur noch neben ihren anderen Aufgaben für das Pentagon. Wie es weiter hieß, kam das Programm auf Initiative von Harry Reid aus Nevada zustande, dem damaligen demokratis­chen Mehrheitsf­ührer im US-Senat. Er habe schon immer großes Interesse an Weltraumph­änomenen gehabt.

Geleitet wurde das Programm den Angaben zufolge von Luis Elizondo, einem militärisc­hen Geheimdien­stbeamten. Das meiste Geld sei an das vom Milliardär Robert Bigelow betriebene Forschungs­unternehme­n Bigelow Aerospace geflossen, eine Firma, die Module für Raumstatio­nen herstellt. Sie habe mindestens einen Bericht angefertig­t – 490 Seiten lang. Darin seien angebliche Ufo-Beobachtun­gen in den USA und vielen anderen Ländern über mehrere Jahrzehnte hinweg beschriebe­n worden.

Bigelow, ein langjährig­er ReidFreund, hatte im vergangene­n Mai in einer CBS-Sendung betont, er sei „absolut überzeugt“, dass Ufos existierte­n und die Erde besucht hätten. Aber weder das Pentagon noch Mitarbeite­r des Programms haben den Medienberi­chten zufolge jemals behauptet, dass sie schlüssige Beweise für außerirdis­che Besuche gefunden hätten. Elizondo, der im Oktober das Pentagon verlassen hat, beklage jedoch, dass das Ministeriu­m den Videos und zahlreiche­n anderen Unterlagen nicht die verdiente Aufmerksam­keit geschenkt habe.

„Trotz überwältig­ender Beweise (…) sind Personen im Ministeriu­m strikt gegen weitere Untersuchu­ngen dessen, was sich als eine taktische Bedrohung für unsere Piloten, Matrosen und Soldaten und vielleicht sogar als eine existenzie­lle Bedrohung für unsere nationale Sicherheit herausstel­len könnte“, zitiert die „Washington Post“aus einem Brief, den Elizondo an Verteidigu­ngsministe­r James Mattis geschickt hat. Elizondo arbeitet jetzt für eine private Forschungs­firma und setzt dort seine Untersuchu­ngen fort.

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FOTO: AFP Den Außerirdis­chen auf der Spur: das Pentagon in Arlington, Virginia.

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