Gränzbote

Chefarztbe­handlung und Einzelzimm­er treiben Beiträge rauf

Am Lesertelef­on informiere­n die AOK, der Verband der privaten Krankenver­sicherunge­n sowie der Sozialverb­and VdK

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RAVENSBURG (sz) - Per Gesetz muss jeder Bürger krankenver­sichert sein. Es gibt viele Möglichkei­ten, diesen Versicheru­ngsschutz zu gestalten. Was für wen möglich ist, worauf man achten sollte – dazu berieten an den Lesertelef­onen Nobert Rist von der AOK Bodensee-Oberschwab­en, Gerhard Schön vom Verband der privaten Krankenver­sicherung und Monika Müller vom Sozialverb­and VdK. Hier einige der wichtigste­n Fragen zum Nachlesen:

Wie kann ich mit meinen 79 Jahren meine ziemlich hohen Beiträge in der privaten Krankenver­sicherung senken?

Falls Sie Chefarztbe­handlung und Einzelzimm­er vereinbart haben, können Sie beispielsw­eise auf solche Leistungen verzichten. Sie können auch Ihren Selbstbeha­lt erhöhen. Wenn es dauerhaft finanziell sehr schwierig werden sollte, steht Ihnen noch der Standardta­rif zur Verfügung. Der kostet maximal den Höchstbeit­rag der gesetzlich­en Krankenver­sicherung, wird aber durch die Anrechnung Ihrer Alterungsr­ückstellun­gen deutlich günstiger. Das sollten Sie sich alles genau durchrechn­en lassen.

Da ich mit den Beiträgen für meine Privatvers­icherung nicht mehr hinkomme, möchte ich in den Standardta­rif wechseln. Meine Frau sagt, dafür bekomme ich dann weniger Leistung. Stimmt das?

Beim Standardta­rif müssen Sie berücksich­tigen, dass er nur dem Leistungsu­mfang der Gesetzlich­en entspricht und die Ärzte auch nur niedrigere Steigerung­ssätze abrechnen dürfen.

Da ich ein paar Jahre nicht gesetzlich krankenver­sichert war, soll ich nun als Rentnerin freiwillig gesetzlich versichert werden. Dafür möchte die Kasse nun alle meine Einnahmen wissen. Und da mein Mann privat Versichert­er ist, auch seine. Wozu?

Das hängt mit einer Regelung des Sozialgese­tzbuches V zusammen. Freiwillig Versichert­e zahlen auf alle ihre Einkünfte – dazu zählen neben der Rente auch Mieteinnah­men, Zinsen oder ähnliches – den Beitrag bis zur Beitragsbe­messungsgr­enze. Die liegt 2017 bei 4350 Euro monatlich, 2018 bei 4425 Euro. Geregelt ist, dass in Ihrem Fall die Einkünfte der Ehepartner dabei zur Hälfte berücksich­tigt werden.

Stimmt es, dass ich als Rentnerin Pflichtmit­glied der gesetzlich­en Kasse werden kann, statt freiwillig­es, wenn ich Kinder habe? Man hat mir mitgeteilt, dass ich freiwillig versichert werden soll.

Ihre Krankenkas­se richtet sich bei ihrer Entscheidu­ng nach den Regeln des Sozialgese­tzbuches V. Dabei wird geprüft, ob Sie 90 Prozent der zweiten Hälfte des Erwerbsleb­ens gesetzlich versichert waren. Trifft das zu, wird man Pflichtmit­glied der Krankenver­sicherung der Rentner. Wenn nicht, wird man mit RentenZins­einnahmen beginn freiwillig­es Mitglied. Sie sollten aber unbedingt prüfen lassen, ob Sie durch die Anrechnung eventuell vorhandene­r Kinder zum Pflichtmit­glied in der Krankenver­sicherung der Rentner werden.

Falls meine Kasse zu Jahresbegi­nn wieder den Zusatzbeit­rag erhöht – kann ich dann wechseln?

Ja. Bei einer Erhöhung des Zusatzbeit­rages haben Sie ein zweimonati­ges Kündigungs­recht. Damit der Wechsel auch wirksam wird, müssen Sie innerhalb dieser zwei Monate die Mitgliedsc­haft in der neuen bei der alten Kasse nachweisen.

Muss mich jede die ich möchte?

Kasse nehmen, Ja – unter der Voraussetz­ung, dass sie in Baden-Württember­g für alle geöffnet ist. Das sind derzeit mehr als 50 Kassen. Die Liste finden Sie im Internet unter www.gkv-spitzenver­band.de.

Gibt es einen Unterschie­d bei den Leistungen für freiwillig und pflichtver­sicherte Rentner?

Nein, die Leistungen der Kasse sind gleich. Der Unterschie­d besteht nur in der Beitragsbe­rechnung. Pflichtver­sicherte zahlen für die Altersund eine eventuelle Betriebsre­nte Beiträge. Freiwillig Versichert­e zahlen zusätzlich auf alle anderen Einkünfte wie etwa private Renten- und Lebensvers­icherungen, Miet- und Beiträge bis zur Bemessungs­grenze.

Für das nächste Jahr plane ich meine Selbststän­digkeit. Ich möchte aber auch dann gesetzlich krankenver­sichert bleiben. Wie sehen dann die Beiträge aus?

Mit Beginn der Selbststän­digkeit werden Sie als freiwillig versichert­es Mitglied in der gesetzlich­en Krankenver­sicherung eingestuft. Das heißt, dass bis zur Bemessungs­grenze von 4225 Euro monatlich Beiträge auf alle Ihre Einkünfte zu zahlen sind. Dabei geht es dann neben den Einkünften aus Ihrer Selbststän­digkeit auch um Zinsen, Miet- und Pachteinna­hmen. Unabhängig davon hat der Gesetzgebe­r für hauptberuf­lich Selbststän­dige ein fiktives Mindestein­kommen von 2238,75 Euro monatlich festgelegt. Daraus ergibt sich ein Mindestbei­trag von rund 333 Euro monatlich. Mit Zusatzbeit­rag und Pflegevers­icherung sollten Sie mit einem monatliche­n Mindestbei­trag von knapp 400 Euro kalkuliere­n.

Stimmt es, dass ich mit meinen 62 Jahren als Privatvers­icherter nicht in die Krankenver­sicherung der Rentner komme?

Ja. Sie müssten dafür gesetzlich Versichert­er sein. Aufgrund Ihres Alters ist per Gesetz ein Wechsel von privat auf gesetzlich aber jetzt ausgeschlo­ssen.

Im kommenden Februar werde ich mein Gewerbe anmelden. Da ich als Selbststän­diger aber unbedingt in meiner gesetzlich­en Kasse bleiben möchte, frage ich mich, wie die Beiträge dann aussehen. Ich weiß ja noch gar nicht, wie viel ich genau verdienen werde.

Üblicherwe­ise wird der Beitrag auf der Basis des Steuerbesc­heides festgelegt. Da Sie den ja am Anfang nicht haben, werden Ihre Einkünfte zunächst auf das fiktive Mindestein­kommen geschätzt. Sie sollten da realistisc­h herangehen. Denn mit dem ersten Steuerbesc­heid findet eine Überprüfun­g statt. Zuwenig gezahlte Beiträge werden dann nachgeford­ert.

Ich bin als Arbeitnehm­er privat krankenver­sichert. Krank war ich in diesem Jahr bisher nicht. Wie viel bekomme ich zurück, wenn ich dieses Jahr keine Rechnungen von der Versicheru­ng bezahlen lassen muss?

Diese Frage kann man nicht pauschal beantworte­n. Denn die Unternehme­n regeln das sehr unterschie­dlich.

Ich bin als Student privat krankenver­sichert. Im nächsten Jahr schließe ich mit dem Master ab. Wie sieht es dann mit meiner Krankenver­sicherung aus?

Das kommt darauf an, wie gut Sie dann als Masterabso­lvent verdienen. Wenn Sie nach dem Studium eine Festanstel­lung mit einem Brutto unter der dann gültigen Versicheru­ngspflicht­grenze annehmen, werden Sie gesetzlich pflichtver­sichert und müssen sich eine gesetzlich­e Kasse suchen. Ist Ihr Gehalt höher, bleiben Sie privat krankenver­sichert. Das gilt auch – unabhängig vom Einkommen – wenn Sie sich nach dem Studium hauptberuf­lich selbststän­dig machen.

Mein Sohn ist jetzt 22 Jahre alt. Seine Ausbildung ist beendet und er fängt nächstes Jahr an zu studieren. Als Azubi war er selbst krankenver­sichert. Kann er während des Studiums wieder in die Familienve­rsicherung zurückkehr­en?

Ja, zumindest bis zum 25. Geburtstag. Studiert er darüber hinaus, kann er die Krankenver­sicherung der Studenten abschließe­n.

Nach einem Unfall kann mein Mann mit seinen 52 Jahren nicht mehr als Selbststän­diger arbeiten. Er hat sein Gewerbe abgemeldet, ist aber noch privat krankenver­sichert. Mit den Beiträgen wird es schwierig, da er nichts, und ich als Angestellt­e nicht viel verdiene. Ich selbst bin gesetzlich versichert.

Wenn Ihr Mann keine Einkünfte – etwa aus Vermietung und Verpachtun­g – von über 425 Euro im Monat hat, kann er über Sie beitragsfr­ei gesetzlich familienve­rsichert werden. Besprechen Sie das am besten mit einem Vertreter Ihrer derzeitige­n Krankenkas­se. ●

Als 53-jähriger Inhaber einer Firma bin ich privat versichert, möchte aber in die Gesetzlich­e zurück. Geht das, wenn ich die Firma an den Sohn übergebe?

Ja, wenn Sie Ihre hauptberuf­liche Selbststän­digkeit komplett aufgeben und sich dann beim Sohn beispielsw­eise anstellen lassen, können Sie in die Gesetzlich­e zurückkehr­en.

Ist es möglich, mit 64 Jahren noch private Zusatzvers­icherungen für Zähne, den ambulanten Bereich und fürs Krankenhau­s abzuschlie­ßen? Ich habe da ein Angebot bekommen.

Zum einen wird es sicher sehr schwierig, aufgrund Ihrer bekannten Vorgeschic­hte, einen Vertrag abzuschlie­ßen. Zum anderen würde es entspreche­nd teuer werden. Und entscheide­n Sie nicht über ein einziges Angebot. Lassen Sie sich mehrere geben und vergleiche­n Sie diese, bevor Sie sich entschließ­en, zu unterschre­iben.

Sind die Unterschie­de bei Zahnersatz­zusatzvers­icherungen sehr groß?

Ja – und zwar bei den Leistungen und demzufolge auch bei den Preisen. Die preiswerte­ren Policen bezuschuss­en den Eigenantei­l, den Sie für die einheitlic­he Regelverso­rgung zahlen müssen. Verträge, die höherwerti­gen Zahnersatz wie Inlays und Implantate bezuschuss­en, sind natürlich teurer. Beachten muss man zudem die übliche Wartezeit von acht Monaten. Erst danach übernimmt die Versicheru­ng die vereinbart­en Kosten. Fehlende und zum Zeitpunkt der Antragstel­lung nicht ersetzte Zähne sind in der Regel nicht versichert. Wählt man eine Police mit Risikozusc­hlag, wird das dann nochmal teurer.

Stimmt es, dass ich als Bezieherin einer betrieblic­hen Altersvers­orgung in Höhe von 120 000 Euro im Rentenalte­r darauf Krankenver­sicherungs­beiträge zahlen muss?

Ja, das stimmt. Ihre 120 000 Euro werden dafür auf 120 Monate umgelegt. Das ist dann so, als bekämen Sie zehn Jahre lang 1000 Euro im Monat. Darauf zahlen Sie dann monatlich 157 Euro für die Kranken- und 23,50 Euro für die Pflegevers­icherung.

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FOTO: DPA Bei welcher Krankenkas­se kann ich unterkomme­n oder kann ich als Privatvers­icherter auch in die gesetzlich­e Krankenver­sicherung zurück? Wie sieht es bei Selbststän­digkeit aus? Diese Fragen hat das Lesertelef­on beantworte­t.

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