Gränzbote

Nichts mehr zu lachen in Alta Badia

Frust nach dem Jubel – Nach Neureuther fällt auch Luitz für Olympia aus

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ALTA BADIA (dpa/SID) - Stefan Luitz saß in einem Zelt im Zielbereic­h der Gran-Risa-Piste, stütze den Kopf in die Hände, wischte sich ein paar Tränen aus den Augen und wurde von seiner Freundin getröstet. Womöglich ahnte der 25-Jährige da bereits, dass er wie sein Kumpel Felix Neureuther die Olympische­n Winterspie­le verpassen würde. Eine Untersuchu­ng in Innsbruck brachte wenige Stunden später die Gewissheit: Kreuzbandr­iss im linken Knie. Der Olympia-Winter ist für die zweite deutsche Medaillenh­offnung damit vorbei – und der Deutsche Skiverband muss keine 48 Stunden nach dem Jubel über den historisch­en Weltcupsie­g von Josef Ferstl im Super-G von Gröden, den nächsten herben Rückschlag verkraften.

Alpindirek­tor Wolfgang Maier war nach der neuerliche­n Hiobsbotsc­haft am Boden zerstört. „Das frustet uns schon extrem. Da fehlen dir mit der Zeit die Worte. Jedes Mal, wenn wir uns anstrengen, kriegen wir wieder einen drauf. Da fragt man sich schon, was tut man da eigentlich“, sagte er und ergänzte: „Felix war schon eine harte Nummer und jetzt das.“Neureuther, der sich im November ebenfalls das Kreuzband riss, hatte vor seiner Verletzung den Slalom in Levi gewonnen, Luitz in Beaver Creek sowie Val d'Isere mit den Rängen drei sowie zwei seine Ambitionen für Olympia unterstric­hen. Luitz war mit Nummer 1 auf die Gran-Risa-Piste gegangen, nach nur vier Toren und neun Fahrsekund­en hatte er seinen Lauf abgebroche­n – offensicht­lich mit Schmerzen im linken Knie. Der Allgäuer vom SC Bolsterlan­g fuhr danach noch ins Ziel. Nach Angaben von Maier hatte Luitz das Gefühl gehabt, dass ihm das Knie „seitlich aufgeklapp­t“sei und er dann keinen Halt mehr verspürte.

Nach dem Zuspruch von seiner Freundin und Maier konnte er zwischendu­rch sogar wieder scherzen und lachen, ehe eine erste genaue Untersuchu­ng durch den österreich­ischen Mannschaft­sarzt Christian Hoser die Stimmung kippen ließ. Luitz wurde umgehend zu weiteren Untersuchu­ngen ins 130 km entfernte Innsbruck gefahren. Dort sollte er noch am Abend operiert werden. „Letztes Jahr hatten wir drei in der ersten Gruppe, jetzt keinen mehr“, sagte Maier zur bitteren Zwischenbi­lanz kurz vor Weihnachte­n.

Nach einem bislang so verheißung­svollen Winter werden in Pyeongchan­g wohl die aufstreben­den Abfahrer für die Höhepunkte sorgen müssen: Ein Sieg durch Ferstl (Hammer), ein dritter Rang durch Thomas Dreßen (Mittenwald), dazu zahlreiche Top-Platzierun­gen, „man sieht: Wir haben die Berührung zur absoluten Weltspitze gefunden“, sagte Maier nach der traditions­reichen Abfahrt am Samstag in Gröden.

Am Tag nach Ferstls Coup wurden die Abfahrer auf der Saslong unter Wert geschlagen: Andreas Sander (Ennepetal), Dreßen und Ferstl belegten nach sehr guten Fahrten die Ränge zwölf, 13 und 14 – bessere Platzierun­gen verhindert­en die Besonderhe­iten von Gröden: wenn es sonnig und kalt ist wie am Samstag, wird die Piste zunehmend schneller. Nur der überragend­e Aksel Lund Svindal (Norwegen), dessen Landsmann Kjetil Jansrud (+0,59 Sekunden) und der Österreich­er Max Franz (+0,83) blieben unantastba­r.

„Ein Gröden-Rennen halt“, sagte Alpindirek­tor Maier über den Verlauf des Rennens – allerdings spülten die besonderen Verhältnis­se auch einen Deutschen nach vorne: Manuel Schmid aus Fischen im Allgäu fuhr mit der hohen Startnumme­r 43 auf Rang 16 – im ersten Weltcup-Rennen seiner Karriere. Dabei verpasste er die halbe Norm für Olympia nur um 0,10 Sekunden. Aber auch der Allgäuer war in Gedanken bei Luitz: „Tragisch. Ich habe Gänsehaut gekriegt, weil man gleich vom schlimmste­n ausgeht.“Damit behielt er recht – und steht plötzlich in der ersten Reihe. Und weil Dominik Schwaiger (Königssee) es mit der Nummer 54 noch auf Rang 29 schaffte, erreichten sogar alle fünf Deutschen die Punkteräng­e – mehr als beachtlich. Neben Neureuther, Luitz, Dreßen, Sander und Ferstl hatten sich auch Fritz Dopfer und Manuel Schmids Bruder Alexander bereits für Olympia qualifizie­rt. Es gewann: Marcel Hirscher (Österreich) mit 1,7 Sekunden Vorsprung auf Henrik Kristoffer­sen (Norwegen).

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FOTO: DPA Vor einer Woche galt Stefan Luitz noch als Olympiahof­fnung.

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