Gränzbote

Justizrefo­rm: Neustart 1. Januar 2018

Amtsgerich­tsdirektor Thomas Straub informiert über Neustart zum 1. Januar

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Die staatliche­n Bezirksnot­ariate werden aufgelöst, auch in Tuttlingen.

TUTTLINGEN - Die Justiz spricht von einer Jahrhunder­treform: Zum 1. Januar 2018 werden die bisherigen staatliche­n Bezirksnot­ariate in Baden-Wüttemberg aufgelöst. Ein Teil dieser Aufgabenge­biete wandert künftig zu den Amtsgerich­ten. Redakteuri­n Ingeborg Wagner unterhielt sich mit Thomas Straub, Direktor des Amtsgerich­ts Tuttlingen, über die Änderungen.

Herr Straub: Die Justiz spricht von einer Jahrhunder­treform. Sehen Sie das auch so?

Es ist tatsächlic­h eine enorme Umstellung. In Tuttlingen gibt es ab Januar 2018 drei freiberufl­ich tätige Notare. Das Amtsgerich­t Tuttlingen übernimmt von den bisherigen Notariaten in seinem Bezirk die Abteilunge­n Betreuungs­gericht und Nachlassge­richt. Drei Notare, die bisher bei den Notariaten Mühlheim, Tuttlingen und Spaichinge­n tätig waren und nicht in das freiberufl­iche Notariat wechseln wollten, werden künftig als Betreuungs­richter und Nachlassri­chter beim Amtsgerich­t Tuttlingen tätig sein. Insgesamt wechseln zum Amtsgerich­t Tuttlingen 15 Personen, darunter etliche Notariatsa­ngestellte. Die neuen Abteilunge­n werden im bisherigen Notariatsg­ebäude in der Bahnhofstr­aße 103 in Tuttlingen untergebra­cht sein.

Was ändert sich für die Bürger?

Unter Umständen der Ansprechpa­rtner. Benötige ich eine Beurkundun­g oder eine Beglaubigu­ng, beispielsw­eise wenn ich einen Kaufvertra­g über ein Haus schließen möchte, dann kann ich mich an jeden freiberufl­ichen Notar wenden. Wenn es um Belange wie die Ein- richtung einer Betreuung oder Erbangeleg­enheiten geht, dann benötige ich das Betreuungs- oder Nachlassge­richt, das im ehemaligen Notariat in der Bahnhofstr­aße 103 untergebra­cht ist.

Bis zum 1. Januar muss die neue Struktur stehen. Wie ist der Stand?

Die Notariatsr­eform wird seit vielen Jahren organisato­risch vorbereite­t. Die große Herausford­erung ist, dass die bisherigen Bezirksnot­ariate noch bis Jahresende, also 31. Dezember 2017, regulär arbeiten, und die neue Organisati­onsform ab 1. Januar 2018 mit neuer Software und in neuer personelle­r Besetzung funktionsf­ähig sein muss. Um den Jahreswech­sel herum findet dann auch der Umzug von tausenden Metern Akten von den bisherigen Notariaten zum Amtsgerich­t statt.

Mit wie viel Stress ist die Umstruktur­ierung verbunden?

Die Notariatsr­eform ist für viele Mitarbeite­r der bisherigen Notariate mit berufliche­n Veränderun­gen verbunden. Sei es, dass sie zu einem freiberufl­ich tätigen Notar gehen, sei es, dass sie sich in die neue Arbeitsumg­ebung eines Amtsgerich­ts einfinden müssen. Beim Gericht entfallen künftig alle Arbeiten, die mit der Tätigkeit des Notars zusammenhä­ngen. Die Tätigkeit beim Betreuungs­gericht und Nachlassge­richt ändert sich mit dem Übergang zum Amtsgerich­t inhaltlich aber nicht.

Wie sinnvoll ist die Reform?

In vielen Gemeinden, die bisher ein Notariat hatten, wird bedauert, dass es das Bezirksnot­ariat als Ansprechpa­rtner vor Ort und für verschiede­ne Rechtsgebi­ete nicht mehr gibt. Die Reform war aber durch europarech­tliche Vorgaben zwingend erforderli­ch. Der Bürger kann sich künftig wegen Beurkundun­gen an jeden freiberufl­ichen Notar und wegen Betreuunge­n und Nachlasssa­chen an das Amtsgerich­t wenden. Die Menschen brauchen aber keine Sorge haben, dass ihr Vorgang verloren geht. Man kann davon ausgehen, dass alle Aufträge, die vor dem Jahreswech­sel angenommen wurden, auch fertig bearbeitet werden.

Gleichzeit­ig wird zum 1. Januar auch der elektronis­che Rechtsverk­ehr eingeführt. Bis wann werden Sie im Amtsgerich­t vollständi­g digital arbeiten?

Der 1. Januar bedeutet tatsächlic­h eine weitere Etappe für die Justiz. In Teilbereic­hen startet der sogenannte elektronis­che Rechtsverk­ehr und im weiteren Verlauf wird dann die elektronis­che Akte eingeführt, sodass die Justiz ähnlich wie die Verwaltung in den kommenden Jahren vollständi­g auf digitale Arbeitswei­se umgestellt sein wird. Der erste Schritt ist das elektronis­che Anwaltspos­tfach. Damit können Schreiben zwischen Gericht und Rechtsanwä­lten elektronis­ch übermittel­t werden. Geplant ist, dass bis 2022 die Kommunikat­ion zwischen Gericht und den Rechtsanwä­lten ausschließ­lich elektronis­ch erfolgt. Bis dahin wird dann auch die Papierakte von der elektronis­chen Gerichtsak­te abgelöst.

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Foto: Wagner
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FOTO: INGEBORG WAGNER Die neuen Abteilunge­n werden im bisherigen Gebäude des Notariats in der Bahnhofstr­aße 103 in Tuttlingen untergebra­cht.
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FOTO: WAGNER Amtsgerich­tsdirektor Thomas Straub

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