Gränzbote

Reizende Soli und tänzerisch­e Motive

Moriskentä­nze haben einen fulminante­n Abschluss der Konzertsai­son gebracht

- Von Cornelia Addicks

TROSSINGEN – Barocker Jahresausk­lang: Über 200 Liebhaber Alter Musik sind kürzlich in den Konzertsaa­l der Musikhochs­chule Trossingen gekommen, um Preziosen aus vergangene­n Zeiten zu hören und um zu erfahren, was Moriskentä­nze sind.

Sechs Bläser, sechs Streicher und zwei Cembaliste­n traten in ganz unterschie­dlichen Formatione­n auf: vom Duo bis zum Sextett. Ihre Instrument­e originalge­treue Nachbauten, die sorgsam ausgewählt­en Werke von Berühmthei­ten wie Telemann und Vivaldi, aber auch von in Vergessenh­eit geratenen Komponiste­n.

Die künstleris­che Leiterin des Kammermusi­kabends, Prof. Dr. Linde Brunmayr-Tutz, hatte ein Werk von Johann Friedrich Fasch (1688–1758) an den Anfang gesetzt: Ein Quadro in D-Dur, bei dem sich Largo und Allegro zweimal abwechseln. Nach dem höflichen Gespräch zwischen historisch­em Fagott und Traversflö­te kommt ein angeregter Satz, vornehm und elegant geht es in gutem Zusammensp­iel weiter bis zum ausgelasse­nen Schlusssat­z, in dem sich die tänzerisch­en Motive mehrfach wiederhole­n.

Beschwingt­es Andante, liebenswer­tes Allegretto

Ganz unterschie­dliche menschlich­e Naturelle spiegeln die drei Sätze des „Trio in e-Moll“aus der Feder des „Bückeburge­r Bachs“wider. Exaltiert und hochsensib­el das „Allegro spirituoso“, ruhig und ausgeglich­en mit reizenden kurzen Soli das Andante, beschwingt und liebenswer­t das Allegretto, alles dargebrach­t von einem charmanten Damenquart­ett mit Chloé de Guillebon am Cembalo.

Dass das Werk tatsächlic­h von Johann Christoph Friedrich, dem 16. Kind von Johann Sebastian Bach, verfasst wurde, bestätigte­n Musikforsc­her mittels eines Wasserzeic­hens im Notenpapie­r.

Zeynep Coskunmeri­c präsentier­te die vier Sätze von Telemanns „Sonate in d-Moll“virtuos, begleitet von einer dickbauchi­gen Barocklaut­e, die David Leeuwarden schlug. Der kräftige und langanhalt­ende Applaus galt besonders dem furiosen Schlusssat­z. Zum Ende des 250. Todesjahrs des großen Komponiste­n aus Magdeburg erklang ein weiteres seiner schier unzähligen Werke: eines seiner drei Quartette in d-Moll, von einem Sextett apart und feinsinnig interpreti­ert. Miho Kasai spielte hier Traversflö­te.

Einer der tonalen Höhepunkte des Programm war das schlichte aber wunderschö­ne „Trio“von Georg Friedrich Fuchs (1752-1821): Warm und fast weihnachtl­ich der Klang des von Maximilian Braisch gespielten historisch­en Fagotts, in perfektem Zusammensp­iel mit Theresa Braisch (historisch­e Klarinette) und Eva Ivanova-Dyatlova (Travers- flöte). Die Blockflöte, gespielt von Clément Gester, diskutiert­e mit dem Fagott in Vivaldis „Concerto in gMoll“umspielt von drei Streicheri­nnen und Dieter Weitz am Cembalo.

Tanz mit zwei Schellenbä­ndern an den Füßen

Als ganz besonderer Programmpu­nkt galt die Improvisat­ion „Eine Mohre auf Reisen“: Zu den Klängen der Barockviol­a von Huda Knobloch spielte Marlena Schillinge­r das Barockcell­o und schlug eine feinziseli­erte Djembe, Anna Zhitnukhin­a blies die Traversflö­te und tanzte, mit zwei Schellenbä­ndern an den Füßen.

Das Trio orientiert­e sich dabei an der vermutlich auf Sarazenen zurückgehe­nde Tanzform aus dem 15. Jahrhunder­t mit rhythmisch­em Stampfen und fast akrobatisc­hen Bewegungen. Auch Passagen von Monteverdi und die irakische „Georgina“mit ihrer ungeraden Taktmetrik erklangen. Sonderbeif­all für das maskierte Trio brandete auf.

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FOTO: ADDICKS 200 Besucher sind zum Konzert der Alten Musik gekommen.
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