Gränzbote

„Sklaven der Mobilitäts­erwartung“

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Zu den Bauarbeite­n an der B14 und zur damit verbundene­n Umleitung durch Neufra hat die Redaktion folgender Leserbrief erreicht: Die Dorfidylle in Neufra ist zurück. Vier Monate quälten sich die Blechmasse­n durch die sonst eher beschaulic­he Hauptstraß­e. Diese Straße war ja noch vor wenigen Jahren zu einer „Schneckens­trecke“mit vielen verschöner­nden und bremsenden Inseln gestaltet worden. Jetzt sorgten diese Inseln dafür, dass sich die Blechgefäh­rte aufstauten und gleich eines zähen, schleimige­n Stroms durch den Ort schoben. „Durchfahrt nur für Anlieger“– ein kleines unauffälli­ges Schildchen am Kreisverke­hr vor Neufra, das regelrecht um Missachtun­g bettelte.

Ich hatte von meinem Arbeitszim­mer aus einen etwas erhabenen Blick auf dieses Dauerspekt­akel. Und so führte mir die automobile Gesellscha­ft regelrecht vor Augen, dass sich da seit Jahren – parallel – nur um 150 Meter versetzt auf der B14 täglich riesige Autohorden bewegen.

Freiheit für freie Bürger? Eher Sklaven der eigenen Mobilitäts­erwartung. Meist nur 60 bis 100 Kilogramm werden bewegt von einem ein bis zwei Tonnen schweren, Ressourcen verschwend­en, einen Giftcockta­il emittieren­den und kaum beherrschb­aren Haufen Blech. Was für ein Irrsinn.

Ausdruck von Individual­ität? Nein – Ausdruck von Abhängigke­it! Die „Diktatur der Straße“führt in den täglichen Stau. Das Auto gleichzeit­ig Ursache und Folge einer Zersiedlun­g. Mit dem Auto zur Sportstätt­e, ins Fitness-Studio – was für ein Paradoxon. Dass Entfernung­en anders zurückgele­gt werden können, ist zu vielen aus dem Blickfeld geraten. Anderen Bewegungsa­rten gehört die Zukunft … Gerhard Mauch, Fahrradfah­rer und Fußgänger, Neufra

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