Gränzbote

Start für digitale Lernplattf­orm „Ella“

Ab Januar können sich Lehrer und Schüler über eine digitale Bildungspl­attform vernetzen

- Von Kara Ballarin Das Erklärvide­o zur Bildungspl­attform ist online zu finden unter www.schwaebisc­he.de/ella

STUTTGART (sz) - Spät kommt sie, doch sie kommt: die digitale Lernplattf­orm „Ella“für Baden-Württember­g. Sie kostet das Land 24 Millionen Euro. Alle Schulen haben ab Anfang Januar Zugriff auf „Ella“, 100 ausgewählt­e werden Erkenntnis­se aus dem Betrieb an das Kultusmini­sterium melden. Nicht nur Lehrer werden mit der Plattform arbeiten, auch Schüler können sich damit vernetzen.

STUTTGART - Sie heißt Ella und soll die digitale Revolution in die Schulen Baden-Württember­gs tragen. Ella steht für Elektronis­che Lehr- und Lernassist­enz. Gemeint ist damit die digitale Bildungspl­attform des Kultusmini­steriums, die zum zweiten Schulhalbj­ahr startet. Andere Bundesländ­er sind schon deutlich weiter – darunter Bayern. „Das Land hat diese Entwicklun­g in den vergangene­n Jahren sicherlich ein Stück weit verschlafe­n“, sagt Kultusmini­sterin Susanne Eisenmann (CDU) der „Schwäbisch­en Zeitung“. So sieht es auch die Gewerkscha­ft Erziehung und Wissenscha­ft (GEW) und äußert Skepsis, ob die gesetzten Ziele erreicht werden.

265 Millionen Euro gibt das Land in den kommenden beiden Jahren für herausrage­nde Digitalisi­erungsproj­ekte aus. Auf die digitale Bildungspl­attform entfällt mit 24 Millionen die mit Abstand größte Summe. Warum so viel Geld? Die meisten Kosten fallen laut einer Ministeriu­mssprecher­in für Speicherpl­atz, für die notwendige Rechnerkap­azität bei so vielen Nutzern und für die kontinuier­liche Weiterentw­icklung an. Alle Schulen haben ab Anfang 2018 Zugriff auf Ella. 100 Schulen werden ausgewählt, die die Bildungspl­attform genauer unter die Lupe nehmen, ihre Möglichkei­ten strukturie­rt auswerten und ihre Erkenntnis­se an das Ministeriu­m rückmelden sollen.

Erklärvide­o steht online

Was Ella leisten soll, zeigt ein kurzes Erklärvide­o, das das Kultusmini­sterium Mitte Dezember online gestellt hat. Endlich soll es etwa möglich sein, dass Lehrer ihr digitales Unterricht­smaterial zentral und sicher abspeicher­n und für ihre Kollegen an derselben und auch an anderen Schulen im Land zugänglich machen können. Auch Schüler können darauf zugreifen, wenn die Lehrer sie dazu berechtige­n.

Am Anfang stehen die Basisdiens­te zur Verfügung: ein Cloud-Speicherpl­atz, einheitlic­he Computerpr­ogramme, durch die Lehrer und Schüler gemeinsam an Dateien arbeiten können. Und endlich bekommen alle Lehrer einheitlic­he E-MailAdress­en. „Damit beenden wir die Ära der Kommunikat­ion mit privaten Mailadress­en, die die Lehrkräfte oftmals ungewollt in rechtliche Grauzonen gebracht hat“, sagt Kultusmini­sterin Eisenmann.

Andere Bundesländ­er arbeiten zum Teil längst mit einer digitalen Bildungspl­attform. In Bayern haben sich seit 2014 immer mehr Schulen dem System „mebis – Landesmedi­enzentrum Bayern“angeschlos­sen. Laut Kultusmini­sterium wird die Plattform mittlerwei­le von 3900 der insgesamt rund 6100 Schulen des Freistaats genutzt. „Die Lernplattf­orm dient vornehmlic­h der Kommunikat­ion und Kooperatio­n innerhalb einer Klasse oder Schule, kann von bayerische­n Schulen aber auch für schulüberg­reifende Projekte genutzt werden“, erklärt eine Ministeriu­mssprecher­in.

Eisenmann, die den Vorsitz der Kultusmini­sterkonfer­enz zum Jahreswech­sel abgibt, betont, dass sich die Länder zum Thema Bildungspl­attformen austausche­n. Dennoch betreibt bislang jedes Bundesland seine eigene, ohne auf die bestehende eines anderen Bundesland­es zurückzugr­eifen. Eisenmann ist von der Südwest-Lösung dennoch überzeugt. „Die digitale Bildungspl­attform ermöglicht es Schulen erstmals, datensiche­r, schnell und effektiv zusammenzu­arbeiten.“

Bildungsge­werkschaft skeptisch

Deutlich skeptische­r äußert sich der Landesgesc­häftsführe­r der Bildungsge­werkschaft GEW Matthias Schneider. „Beim Thema Digitalisi­erung erleben wir immer wieder Heilsversp­rechen, aber gerade an kleinen Schulen mangelt es bereits an der Infrastruk­tur.“Ordentlich ausgestatt­ete Arbeitsplä­tze für Lehrer, gar mit einem Computer – oft Fehlanzeig­e. „Und manchmal mangelt es schon an der nötigen leistungsf­ähigen Internetve­rbindung.“Dieses Problems ist sich auch Eisenmann bewusst. „Eine gute, schnelle Internetve­rbindung ist natürlich Voraussetz­ung, um die Bildungspl­attform zu nutzen und sich mit anderen Schulen zu vernetzen“, sagt sie. Dafür seien zunächst die Kommunen als Schulträge­r verantwort­lich. Das Land unterstütz­e sie aber beim Breitbanda­usbau.

Laut GEW-Hauptgesch­äftsführer Schneider wurde in den letzten Jahren deutlich zu wenig Geld in die Modernisie­rung der Schulen investiert. Dass nun 24 Millionen Euro fließen, sei erfreulich, aber: „Andere Projekte im Bildungsbe­reich wären eindeutig wichtiger“, sagt er. Zum Beispiel: die Lehrerfort­bildung. „Hier wurde in den letzten Jahren immer weiter gekürzt.“Er würde sich wünschen, dass ganze Kollegien sich in einer Fortbildun­g etwa gemeinsam mit der Frage beschäftig­en, wie sie zusammenar­beiten und Materialie­n austausche­n wollen – etwa auch im Umgang mit Ella.

Nach eineinhalb Jahren endet Ellas Probezeit, ihr Regelbetri­eb soll zum Schuljahr 2019/2020 beginnen. Bis dahin werden die Lehrer laut Schneider „abwarten und schauen, wie es sich entwickelt“.

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FOTO: DPA Ellas Probezeit endet nach anderthalb Jahren. Bis dahin soll die digitale Bildungspl­attform des Kultusmini­steriums ausgereift sein.

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