Gränzbote

Tote bei Angriff auf Christen

Täter eröffnet Feuer vor koptischer Kirche nahe Kairo

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KAIRO (dpa/sz) - Bei zwei Angriffen auf christlich­e Einrichtun­gen in der Nähe von Kairo sind nach offizielle­n Angaben mindestens neun Menschen erschossen und mehrere weitere verletzt worden. Im zu Ende gehenden Jahr kam es in Ägypten vermehrt zu Angriffen auf die christlich­e Minderheit der Kopten.

Ein Attentäter habe sich auf einem Motorrad der koptischen Kirche Mar Mina in Helwan südlich von Kairo genähert und das Feuer eröffnet, teilte das ägyptische Innenminis­terium am Freitag mit. Sieben Menschen, darunter ein Polizist, seien bei diesem Angriff getötet worden. Früher am Freitagmor­gen habe der Mann bereits auf ein Geschäft eines Kopten geschossen und dabei zwei weitere Menschen getötet.

Um die Lage der Christen im Nordirak nach dem Sieg über den „Islamische­n Staat“geht es in einem Exklusiv-Interview mit CDU-Fraktionsc­hef Volker Kauder auf

BERLIN - Der CDU/CSU-Fraktionsc­hef im Bundestag und Tuttlinger Abgeordnet­e Volker Kauder fordert weitere Anstrengun­gen für die Menschen im nordirakis­chen Kurdengebi­et. Die Terrormili­z IS sei zwar militärisc­h besiegt, aus dem Untergrund heraus aber weiter aktiv, sagte Kauder im Gespräch mit Ludger Möllers. Daher bräuchten die Menschen weiter Hilfe. Eine solche leistet etwa die Weihnachts-Spendenakt­ion der „Schwäbisch­en Zeitung“. Bleibe die Hilfe aus, würden sich erneut viele Flüchtling­e auf den Weg nach Europa machen, so Kauder.

Wie sehen Sie die derzeitige Situation der Christen im Nordirak nach dem militärisc­hen Sieg über den IS?

Nach dem Sieg über die Terrormili­z ist die akute Bedrohung für die Menschen im Irak und Syrien sicher zurückgega­ngen. Das Leid ist damit aber nicht zu Ende. Man muss erwarten, dass versprengt­e IS-Kämpfer weiter Anschläge verüben. Und die Region liegt nach dem Ende der Kämpfe in Trümmern, so etwa auch die ehemalige Millionens­tadt Mossul, aber auch die Ninive-Ebene, die Heimat vieler Christen. Nach den Schilderun­gen, die ich erhalte, sind die Christen, die in die autonome Kurdenregi­on im Nordirak geflüchtet sind, erleichter­t über die Befreiung der Heimat von der Terrorherr­schaft. Sie wissen dennoch nicht, wie es weitergeht. Einige haben die Orte, aus denen sie geflohen sind, besucht und standen fassungslo­s vor ihren zerstörten Häusern, Kirchen, Friedhöfen. Die Herrschaft des IS hat zudem das Vertrauen zu den arabischen Nachbarn zerstört, von denen einige von dieser Herrschaft profitiert haben. Viele fragen sich, ob überhaupt wieder ein friedliche­s Zusammenle­ben möglich wird.

Wie hat sich die Lage der Christen in den vergangene­n Monaten entwickelt?

In den letzten Monaten hat sich die Situation kaum verändert. Vielerorts haben sich die geflüchtet­en Menschen in den Notunterkü­nften eingericht­et. Auf Initiative der Kirchen sind sie leidlich versorgt. Aber alles ist weiter in der Schwebe. Die gesamte Situation hat sich durch die Auseinande­rsetzungen zwischen der irakischen Zentralreg­ierung und der kurdischen Autonomier­egierung in Erbil verschärft.

Welche Perspektiv­en sehen Sie für den Fortbestan­d christlich­en Lebens in der Ninive-Ebene?

Die Christen vor Ort wollen in ihre Heimat zurückkehr­en. Sie fürchten aber dort um ihre Sicherheit. Auch politisch ist die Lage unübersich­tlich, weil fraglich ist, ob die Rechte von Minderheit­en in den Verhandlun­gen über eine dauerhafte Befriedung und Neuordnung der Region gewahrt werden. Ich bin davon überzeugt, dass sich hier die internatio­nale Gemeinscha­ft einschalte­n muss: Es geht um Finanzhilf­en, um den Wiederaufb­au zu fördern, aber auch um eine Begleitung der Verhandlun­gen zwischen irakischer Zentralreg­ierung und der kurdischen Autonomier­egierung.

Welche Maßnahmen sind aus Ihrer Sicht heute besonders dringlich?

Am wichtigste­n ist eine Verständig­ung zwischen der irakischen Zentralreg­ierung und der kurdischen Autonomieb­ehörde. Ohne die ist für die Menschen nicht absehbar, wie sich die Zukunft der Region entwickelt.

Was kann Deutschlan­d tun, um Christinne­n und Christen, Jesidinnen und Jesiden, eine Perspektiv­e für ihr Leben in ihrer Heimat, dem Nordirak, zu geben?

Deutschlan­d leistet schon heute in bemerkensw­ertem Umfang humanitäre Hilfe für die Notleidend­en im Nordirak – in der Form von Privatinit­iativen, durch Hilfswerke aber auch durch Mittel der Bundesregi­erung, die entweder direkt oder über die Vereinten Nationen ausgegeben werden. Durch die Winterhilf­e, die Hilfe für Traumatisi­erte, die medizinisc­he Nothilfe, die Unterstütz­ung bei der Einrichtun­g von Schulen, aber auch mit vielen Projekten, die Hilfe zur Selbsthilf­e leisten, hat unser Land dazu beigetrage­n, dass die Geflüchtet­en ihr Leben und ihre Hoffnung nicht verloren haben. Klar ist, dass unsere Anstrengun­gen hier nicht nachlassen können. Ansonsten würden sich die Menschen auf den Weg über die Landesgren­zen und letztlich auch nach Europa machen.

Nach dem Referendum über die Unabhängig­keit in Kurdistan hat sich die politische Lage zugespitzt. Was fordern Sie von den Beteiligte­n im Irak, damit der Staat nicht zerfällt?

Ich rufe alle Beteiligte­n dazu auf, ihre Differenze­n auf friedliche Weise zu lösen. Bewaffnete Auseinande­rsetzungen sind keine Lösung.

Wie sehen Sie die weitere Entwicklun­g der kurdischen Autonomie?

Es spricht sehr viel dafür, die Einheit des Irak zu erhalten. Die Region ist ohnehin instabil genug. Der Autonomies­tatus der Kurden muss dabei strikt gewahrt bleiben. Die Kurden waren diejenigen, die Christen und Jesiden, aber auch viele Muslime einst lange als Einzige vor dem ISTerror geschützt haben. Das dürfen wir nicht vergessen.

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FOTO: PM Volker Kauder, Vorsitzend­er der CDU/CSU-Bundestags­fraktion, im Gespräch mit dem Erzbischof der chaldäisch-katholisch­en Kirche im nordirakis­chen Erbil, Bashar Warda.

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