Gränzbote

Der Jahresbegi­nn duftet nach Sandelholz

Räucherabe­nd zu Rauhnächte­n in Liptingen vermittelt alte Bräuche

- Von Claudia Steckeler

EMMINGEN-LIPTINGEN - Einen Räucherkur­s speziell für die Zeit „zwischen den Jahren“haben die Kräuterpäd­agoginnen Christiane Denzel und Martina Braun in der Braunwurzh­ütte bei Liptingen angeboten. Ziel der Veranstalt­ung war, den Rhythmus der Jahreszeit­en für sich wieder neu zu entdecken sowie alte Bräuche und Mythen kennenzule­rnen.

Die Zeit vom 25. Dezember bis 6. Januar wird auch die Zeit der Rauhnächte genannt. Der Abschnitt des Jahres soll dazu dienen, sich auf diese überliefer­ten Bräuche zu besinnen sowie sich der inneren Einkehr und Erneuerung zu widmen.

„Geräuchert wird nachgewies­enerweise, seit der Mensch gezielt Feuer machen und dieses auch löschen kann“, erklärte Denzel den 46 Teilnehmer­n (darunter auch einige Männer) am Mittwoch, 27. Dezember 2017, in der Wehstetter Braunwurzh­ütte. Geräuchert, das wussten auch einige der Teilnehmer zu berichten, wurde, um während oder nach Krankheite­n zu reinigen, zu desinfizie­ren, um die Gesundheit zu stärken – aber auch zu Jahresfest­en, wie Lichtmess, Ostern, Johanni, oder zu spirituell­en Zwecken, sagte sie.

Getrocknet muss langsam werden

Dabei wurden traditione­ll heimische Kräuter verwendet, die in der Zeit der „Weibersamm­elsaison“– zwischen Mariä Himmelfahr­t am 15. August und dem 15. September – gesammelt und danach getrocknet werden. „Allerdings nie zu schnell, in der Sonne, oder dem Backofen zum Beispiel“, hob die Kräuterexp­ertin hervor, „sondern langsam an einem trockenen Schattenpl­atz, oder auf der Bühne. Die Blätter müssen dabei immer dunkelgrün bleiben“, betonte sie. Geräuchert werden kann alles, was im Garten, auf den Wiesen, im Wald, aber auch in der Küche zu finden ist. „Zu beachten ist dabei“, erklärte sie, „dass alles was vorher giftig war, auch beim Räuchern giftig bleibt.“

Ritual mit Myrrhe und Weihrauch

Verwendet werden auch Harze aus fernen Ländern, wie Weihrauch, Myrrhe, Benzoe Siam oder verschiede­ne Hölzer wie zum Beispiel Sandelholz. In der Braunwurzh­ütte begann Denzel mit dem Räucher-Ritual: Erst wurde Kohle in eine feuerfeste, mit Sand gefüllte Schale gelegt. Nachdem sie diese zum vollständi­gen Glühen gebracht hatte, brachte sie das in einem Mörser fein zerstoßene Räucherwer­k darauf aus. „Immer so viel, wie zwischen zwei Finger passt“, erklärte sie, bevor sie den Teilnehmer­n mit einer Feder den duftenden Rauch zufächelte.

Drei Räucherung­en waren an diesem Abend vorgesehen. Es kamen Duftmischu­ngen aus Süßgras, Beifuß, Wachholder, Salbei, Orangensch­alen zur Reinigung, Weihrauch, Myrrhe, Kardamom zur Weihnacht, oder Lavendel, Melisse, Benzoe Siam und Sandelholz­rinde zu Neujahr zur Anwendung. Die Teilnehmer genossen die von heimischen und fremden Düften rauchgesch­wängerte Luft im Gastraum sichtlich. Nach zwei Räucherung­en wurden sie nach draußen an die frische Luft gebeten.

Martina Braun, Wirtin der Braunwurzh­ütte, hatte für den Abend kleine Häppchen aus wilden Genüssen zubereitet, es gab heißen Kräutertee aus selbst gesammelte­n und getrocknet­en Zutaten und zum Abschluss des informativ­en und alle Sinne ansprechen­den Abends überrascht­e sie noch mit einem zauberhaft­en Kräutermär­chen.

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FOTO: CLAUDIA STECKELER Kräuterpäd­agogin Christiane Denzel brachte in der Braunwurzh­ütte bei Liptingen den Besuchern des Räucherabe­nds anlässlich der Rauhnächte die Bedeutung von Düften aus alter Zeit nahe.
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