„Trauer ist ein langer Weg“
Gabriele Großbach und Kerstin Kunke organisieren Trauerspaziergang für Hinterbliebene
TROSSINGEN - „Trauer ist ein langer Weg“, sagt die evangelische Pfarrerin Gabriele Großbach. Bei diesem Weg möchten sie und die Leiterin der Hospizgruppe, Kerstin Kunke, Hinterbliebene begleiten - und zwar recht wörtlich bei einem Spaziergang für Trauernde. Am 28. Januar soll er zum ersten Mal stattfinden.
„Trauernde kommen zwar zu uns zum Einzelgespräch, aber wir haben kein Gruppenangebot“, erläutert die Pfarrerin. Großbach und Kunke suchten nach einer Möglichkeit, Hinterbliebenen das Gespräch mit Leuten zu ermöglichen, die Ähnliches erlebt haben und erleben. Früher habe es ein Trauercafé gegeben, erzählt Kerstin Kunke, aber das sei nicht so stark angenommen worden. „Wir wollten ein Angebot mit lockerem Beginn, nichts steifes.“Schließlich kamen die beiden Frauen auf die Idee, einen Spaziergang zu organisieren. „Bewegung, frische Luft und Ausblicke“, fasst Gabriele Großbach zusammen.
„Trauer verleitet oft dazu, dass man starr wird. Deshalb möchten wir die Menschen in Bewegung bringen.“Einen exakten Weg hat sie noch nicht überlegt, aber er könnte ein Stück bergauf führen: „Ich habe schon von Trauernden gehört, dass es ihnen gut tut, oben zu sein.“Dabei solle die Strecke gut zu laufen und für jeden bewältigbar bleiben, fügt Kunke hinzu. Im Anschluss könnte der Spaziergang in ein Trauercafé im Haus der Diakonie übergehen.
Für das Umfeld oft unverständlich
Das Angebot ist dazu da, den Leuten den Austausch mit anderen Hinterbliebenen zu ermöglichen. „Sie sollen merken, dass sie nicht alleine sind“, sagt Kunke, „dass es jemanden gibt, der dasselbe erlebt hat wie sie.“Pfarrerin Großbach fügt hinzu: „Für das Umfeld der Trauernden ist es nach einiger Zeit oft unverständlich, wenn Hinterbliebene noch immer an einem Punkt sind, an dem der Alltag nicht funktioniert. Der Spaziergang soll einen Raum bieten, in dem es egal ist, wenn man immer wieder über das gleiche spricht, einen Raum, in dem man seine Gefühle nicht erklären muss.“Was den beiden gang wichtig ist: Der Trauerspaziergang soll keineswegs ein gedrückter Trauermarsch werden. „Es ist ein Angebot für Trauernde“, sagt Großbach, „sie dürfen traurig oder fröhlich sein - oder beides gleichzeitig. Trotz der Schwere gibt es für die Hinterbliebenen auch wieder Grund zum Lachen.“Sie erlebe oft, dass Trauernde ein schlechtes Gewissen hätten, wenn sie etwas Schönes erlebten: „Wir möchten ihnen auch vermitteln, dass sie dem Verstorbenen nichts nehmen, wenn sie wieder Freude entdecken.“Es sei sehr wichtig, Positives und Dankbares aufzuzeigen, sagt auch Kerstin Kunke.
Offen für andere Angebotsformen
Drei Trauerspaziergänge haben Großbach und Kunke bisher geplant, gehen aber davon aus, danach weitere zu organisieren. Vorerst wollen sie beim Angebot Spaziergang bleiben. „Je nachdem, wie das angenommen wird und wie die Gruppe sich zusammensetzt sind wir natürlich auch offen für andere Angebotsformen“, sagt die Pfarrerin. „Andere Ideen wären zum Beispiel ein gemeinsames Kochen, bei dem man vielleicht das Lieblingsgericht des Verstorbenen zubereitet. Aber darüber machen wir uns Gedanken, wenn es soweit ist.“
„Sie dürfen traurig oder fröhlich sein oder beides gleichzeitig.“
Ein Spaziergang für Trauernde findet an den Sonntagen 28. Januar, 18. Februar und 11. März jeweils um 15 Uhr statt. Treffpunkt ist am Haus der Diakonie.