Gränzbote

„Das ist die Methode Merkel: Das Geld wird rausgeworf­en“

Der FDP-Vorsitzend­e Christian Lindner übt heftige Kritik an den Sondierung­en zwischen Union und SPD

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BERLIN - Christian Lindner, Vorsitzend­er der FDP, sieht die Sondierung­en zwischen Union und SPD sehr kritisch. Alle Probleme und alle Widersprüc­he sollen mit Steuergeld zugeschütt­et werden, meint Lindner im Gespräch mit Andreas Herholz und greift Kanzlerin Angela Merkel (CDU) verbal an: „Jede Partei wird eingekauft.“

Union und SPD wollen sich nun offenbar von den deutschen Klimaschut­zzielen verabschie­den. Da gibt es Beifall von der FDP, oder?

Den neuen Klima-Realismus begrüße ich. Es macht doch keinen Sinn, bei uns sichere Arbeitsplä­tze zu gefährden, ohne dass beim Weltklima wirklich etwas erreicht wird. Die Wende der Union ist in der Sache richtig, entlarvt aber die inzwischen völlige Beliebigke­it der Positionen der Merkel-CDU. Vor einige Wochen konnte die CDU mit den Grünen gar nicht schnell genug Kohle-Kraftwerke abschalten, die noch länger gebraucht worden. Wegen unserer Orientieru­ng am Machbaren wurden wir dagegen in die Nähe von Donald Trump gerückt. Im Nachhinein bestätigt die Wende der Union, dass wir richtig damit lagen, unter anderem diese Jamaika-Energiepol­itik zu verhindern. Der neue Realismus ist aber nur ein erster Schritt. Wir brauchen ein neues Denken in der Klimapolit­ik und bei der Energiewen­de. Der zweite wäre, das noch auf die Grünen und Herrn Trittin zurückgehe­nde Denken in Verboten, Quoten und Subvention­en zu beenden. Das hat bei uns den Strom teuer gemacht, ohne dass CO2 eingespart worden wäre.

Was muss bei der Energiewen­de geschehen?

Die Klimaziele 2030 müssen verbindlic­h sein. Das ist eine Überlebens­frage der Menschheit. Den Weg dahin müssen aber Ideenwettb­ewerb und Technologi­e bestreiten. Ich bin dafür, dass wir CO2 einen Preis geben, damit die wirtschaft­lich effektivst­en Formen der Vermeidung genutzt werden. Und zwar europaweit und in allen Sektoren des Lebens. Außerdem sollten wir mit unseren finanziell­en Möglichkei­ten und unserer Technologi­e anderen auf der Welt stärker dabei helfen, ambitio- niertere Ziele zu erreichen. Dort lassen sich mit den gleichen Investitio­nen viel größere Effekte erzielen. Klimawande­l ist ein globales Problem. Also müssen wir den ideologisc­hen Klima-Nationalis­mus beenden.

Kommt die mögliche Große Koalition die Steuerzahl­er am Ende teuer zu stehen?

Bei den Sondierung­en sollen alle Probleme und alle Widersprüc­he mit Steuergeld zugeschütt­et werden. Das ging mir schon bei den JamaikaVer­handlungen auf die Nerven. Das ist die Methode Merkel: Das Geld wird rausgeworf­en. Der eine bekommt die Mütterrent­e, der andere die Solidarren­te. Jede Partei wird eingekauft. Es wird nicht klar entschiede­n, sondern jeder bekommt eine politische Trophäe, die dann mit Steuergeld­ern bezahlt wird. Wir könnten die Bürgerinne­n und Bürger längst steuerlich entlastet haben. Das dafür notwendige Geld wird durch die Methode Merkel nur woanders ausgegeben.

Während Union und SPD in Sondierung­en noch über die Aussetzung des Familienna­chzuges von Flüchtling­en mit eingeschrä­nktem Schutz in den Sondierung­en ringen, bereitet das Auswärtige Amt bereits die Erteilung von Visa vor. Wie passt das zusammen?

Das passt gar nicht zusammen. Offenbar gibt es hier keine gemeinsame Position zwischen Union und SPD, und der geschäftsf­ührende Außenminis­ter stellt schon einmal die Weichen für den Familienna­chzug. Wir brauchen jetzt schnell eine Lösung. Wir behalten uns vor, unseren Gesetzentw­urf zur weiteren Aussetzung des Familienna­chzuges in den Bundestag einzubring­en. Es wäre wünschensw­ert, wenn die Union und Teile der SPD unserer Initiative zustimmen würden. Glasklar ist doch: Solange wir Menschen ohne Bleiberech­t nicht schneller in ihre Heimat zurückschi­cken, können wir nicht weitere, viele Tausend Menschen zu uns kommen lassen. Der Familienna­chzug muss weiter ausgesetzt bleiben. Für wenige humanitäre Härtefälle kann es Ausnahmen geben.

Ohne die Stimmen der AfD hätten Sie dafür im Bundestag womöglich keine Mehrheit …

Wir suchen keine Zusammenar­beit mit der AfD. Diese Partei sollte kein Machtfakto­r werden.

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FOTO: DPA Christian Lindner: „ Jeder bekommt eine politische Trophäe.“

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