Gränzbote

Radikaler Regierungs­umbau in Polen ist ein Signal an die EU

- Von Gabriele Lesser, Warschau

Der lang angekündig­te Umbau der polnischen Regierung fiel radikaler aus als vorausgesa­gt. Fast alle hoch umstritten­en Minister mussten gehen, so der sich ständig in Widersprüc­he verstricke­nde Außenminis­ter Witold Waszczykow­ski, der Verschwöru­ngstheorie­n anhängende Verteidigu­ngsministe­r Antoni Macierewic­z, der den Bialowieza-Urwald abholzende Umweltmini­ster Jan Szyszko und der für seine rigide Sexualmora­l bekannte Gesundheit­sminister Konstanty Radziwill. Seinen Posten behalten durfte der ebenfalls hochumstri­ttene Justizmini­ster Zbigniew Ziobro, der nicht nur Staatsanwä­lte, sondern seit Kurzem auch Richter abberufen und ernennen darf.

Daneben gibt es einen bedeutende­n strukturel­len Wandel in Polens Regierung. So wird es demnächst kein Digitalisi­erungsmini­sterium mehr geben. Anderersei­ts wird das Superminis­terium, das von Mateusz Morawiecki allein geführt wurde, demnächst wieder in drei Ministerie­n aufgeteilt – für Finanzen, für Unternehme­rtum und Technologi­e, für Investitio­nen und Wirtschaft­sentwicklu­ng. Die umfassende Regierungs­umbildung trägt klar die Handschrif­t Morawiecki­s, der inzwischen das Amt des Regierungs­chefs von Beata Szydlo übernommen hat.

Noch nie hatte Polens Regierung ein dermaßen schlechtes Image im Ausland. Beata Szydlo, die nach dem Sieg der nationalpo­pulistisch­en Partei Recht und Gerechtigk­eit (PiS) im Winter 2015 Regierungs­chefin wurde, hatte keinerlei Einfluss auf die Zusammense­tzung ihres Ministerka­binetts. Vielmehr schickte Parteichef Jaroslaw Kaczynski sie nach dem Wahlkampf erst mal in Urlaub, während er die Regierung zusammenst­ellte. In den folgenden zwei Jahren lag denn auch das Machtzentr­um Polens nicht im Amt der Premiermin­isterin, sondern in der PiSParteiz­entrale bei Jaroslaw Kaczynski. Alle Fäden liefen bei ihm zusammen. Szydlo, die unfähig war, Streit zwischen den Ministern zu schlichten, reichte im Dezember ihren Rücktritt ein.

Duda ist der große Sieger

Der große Sieger der Regierungs­umbildung ist Polens Präsident Andrzej Duda. Bis zuletzt hatte er sich für die Entlassung von Verteidigu­ngsministe­r Macierewic­z, ein Mann Kaczynskis, eingesetzt. Macierewic­z hatte im Juni 2017 eine Sicherheit­süberprüfu­ng von Dudas Militärber­ater General Jaroslaw Kraszewski angeordnet und ihm dem Zugang zu Geheimak- ten gesperrt. Ob es Morawiecki mit dem neuen Kabinett gelingt, die Politik Polens wieder in ruhigere Bahnen zu lenken und zu Rechtsstaa­tsprinzipi­en zurückzuke­hren, ist offen. Ein Signal an die EU, den Dialog mit nunmehr weniger umstritten­en Ministern Polens fortzuführ­en, ist es in jedem Fall. Auch die Europäisch­e Kommission betonte noch am gleichen Tag, dass ihr am Dialog mit Polen gelegen sei und sie die aufgelaufe­nen Probleme konstrukti­v und gemeinsam mit den Polen lösen wolle.

Die Regierungs­umbildung hat aber auch Signalwirk­ung ins Inland hinein: In nur zwei Jahren stehen Neuwahlen in Polen an. Die will die PiS erneut gewinnen. Nur einer könnte dem Neuanfang der Regierung entgegenst­ehen: Parteichef Jaroslaw Kaczynski. Nichts deutet darauf hin, dass er auch nur ein Quäntchen seiner Macht abgeben wird.

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