JuKoP: Die schnelle Reaktion macht Eindruck
Kooperation von Jugendamt und Polizei bei Jugendkriminalität ist laut Landrat Bär ein Erfolgsmodell geworden
TUTTLINGEN - Ein Wort mit 27 Buchstaben: Jugendamt-Kooperation-Polizei, kurz JuKoP genannt. Sechs Jahre nach Einführung der Zusammenarbeit zwischen Landratsamt und Polizei im Kreis Tuttlingen zum Thema Jugendkriminalität ziehen alle Beteiligten eine positive Bilanz dieses „Leuchtturmprojekts“, wie Polizeipräsident Gerhard Regele sagte. Wichtigster Punkt: Bei kleineren Vergehen Jugendlicher folgt die Strafe auf dem Fuß.
Strafe ist eigentlich das falsche Wort. „Es geht um Erziehung“, betont Staatsanwältin Isabel GurskiZepf und nennt ein Beispiel: Ladendiebstahl in einem Drogerie-Markt, Warenwert um die 20 Euro. Ein geständiger Jugendlicher über 14 Jahre wird als Täter ermittelt. „Dieses Verfahren hat sich früher sechs bis acht Monate hingezogen“, sagt sie. Heute werde eine solche Akte in der Regel nach zwei, drei Monaten geschlossen. Denn entsprechende Maßnahmen, zum Beispiel eine Geldstrafe oder ein Arbeitseinsatz für den Täter, folgen in den nächsten Tagen oder den nächsten Wochen nach dem Vorfall.
Strafverfahren gegen Auflagen einstellen
„Die schnelle Reaktion macht am meisten Eindruck“, hat Jürgen Steiert vom Jugendamt des Landkreises festgestellt, der im JuKoP-Team arbeitet. Bei Ersttätern und leichten Vergehen gibt es diese Möglichkeit, das Strafverfahren gegen Auflagen einzustellen – Diversionsverfahren heißt das. Die Auflagen können vielfältig sein. Neben den oben genannten Beispielen kommen auch Präventionskurse bei der Fachstelle Sucht in Frage (rund 25 Prozent der Delikte junger Menschen betreffen einen Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz) oder ein Täter-Opfer-Ausgleich. Bei Mobbing-Fällen, auch im Internet, geht es darum, dass sich die Beteiligten an einen Tisch setzen und der Täter sich entschuldigt. „Nur dadurch ist ein Neuanfang im Verhältnis der Beteiligten möglich“, so Gurski-Zepf.
Umgekehrt gilt: Wer diese Auflagen nicht oder nicht richtig erfüllt, verfehlt diese einmalige Chance. Das ist laut Ramon Schwarz von der Polizei bei rund 20 Prozent der Fall. Dann nimmt die Angelegenheit seinen juristischen Lauf. sagt der Tuttlinger Polizeipräsident Gerhard Regele zur Jugendkriminalität im Landkreis Tuttlingen.
Um die 1300 Ereignisse schlagen pro Jahr im JuKoP-Team auf. Rund 170 Mal kam die Einstellung von Verfahren gegen Auflage zum Tragen. In der Hälfte aller Fälle – also rund 650 Mal – wurde ein Verfahren eingeleitet. Dazu muss man wissen, dass die JuKoP-Mitarbeiter alle Polizeieinsätze, bei denen Kinder, Jugendliche bis 21 Jahren und Familien betroffen sind, auf den Tisch bekommen. Das kann auch eine Familienstreitigkeit sein, die aus dem Ruder läuft, oder ein Verkehrsunfall. JuKoP prüft jeden Fall, auch auf die Frage hin, ob das Kindswohl gefährdet sein könnte. Da drei Mitarbeiter des Kreisjugendamtes im Polizeigebäude mit am Tisch sitzen, greift auch hier das Motto der kurzen Wege.
Das Landratsamt hat seine JuKoPMitarbeiter im vergangenen Jahr um eine Stelle aufgestockt. Zeitgleich zur Entscheidung, die Jugendgerichtshilfe (In Verfahren nach dem Jugendgerichtsgesetz wirkt in Deutschland in der Regel auch das Jugendamt mit), die bisher beim Allgemeinen Sozialen Dienst lag, zu JuKoP zu geben. „Die Namen Steiert, Scholz und Kozak sind etlichen Jugendlichen ein Begriff“, betont Ramon Schwarz mit Blick auf die Kollegen des Jugendamtes im JuKoP, die straffällig gewordene Jugendliche samt Eltern zum Gespräch bitten und ihnen – falls nötig – auch Begleitung und andere Hilfe anbieten.
„Nur ganz wenige junge Menschen werden zum Intensivtäter“, stellt Jürgen Steiert klar. Bei mehr als 90 Prozent griffen die Maßnahmen des Kooperationsmodells Jugendamt und Polizei, das nach Tuttlinger Vorbild bundesweit einzigartig im ländlichen Raum sein dürfte, so Regele. Schließlich hat JuKoP genau das zum Ziel: die Vermeidung von Jugendkriminalität.
„Wir haben heute die Zahlen einigermaßen im Griff“,