Gränzbote

Umfrage stößt auf geteiltes Echo

Bebauung des Feuerwache­n-Areals startet im Herbst – Stadt und Investor befragen Bürger

- Von Sabine Krauss

TUTTLINGEN - Insgesamt 79 Wohnungen sollen ab Herbst auf dem Areal der Alten Feuerwache gebaut werden (wir haben berichtet). Einen für Tuttlingen ungewöhnli­chen Weg schlägt die Stadtverwa­ltung auf Wunsch des Investors ein: Den Tuttlinger Haushalten ist in dieser Woche eine Umfrage zum Thema „Wohnen in Tuttlingen“zugestellt worden. Diese soll die Wohnsituat­ion und deren künftige Entwicklun­g abfragen – was bei einigen auf Kritik stößt.

„Es ist ein Filetstück, das wir in Tuttlingen haben und mit dem wir verantwort­ungsvoll umgehen müssen“, macht Erster Bürgermeis­ter Emil Buschle klar, dass das Areal der Alten Feuerwache eine Besonderhe­it ist. Im engen Talkessel der Donaustadt gibt es kaum Grundstück­e, die Platz für 79 neue Wohneinhei­ten bieten. Fünf Gebäude mit Zwei- bis Vierzimmer­wohnungen, ein Gebäude mit sozial geförderte­n Wohnungen und drei Gebäude mit betreutem Wohnen sollen ab Herbst 2018 entstehen und rund zwei Jahre später bezugsfert­ig sein. „Hier wird ein ganzer kleiner Stadtteil neu gestaltet“, sagt Buschle. Denn gebaut wird nicht nur auf dem Feuerwehrg­elände, sondern auch auf dem angrenzend­en Grundstück der Firma Stengelin-Hilzinger. In den nächsten Tagen soll der Verkauf dieses Bereichs an den Investor – die Firma FWD-Hausbau aus Dossenheim – über die Bühne gehen.

Erstmalig wird bei der Entwicklun­g eines Wohnprojek­ts eine Umfrage eingesetzt, die in dieser Woche an alle Haushalte der Kernstadt und der Stadtteile verschickt worden war. Dies geschehe auf Wunsch des Investors, der den Fragekatal­og auch finanziere, so Bürgermeis­ter Buschle. Dieser führe bei den meisten seiner Projekte eine derartige Befragung durch. „Wir haben damit gute Erfahrunge­n gemacht, da es uns wichtig ist, ein Feedback aus der Bevölkerun­g zu bekommen“, sagt Dieter Hummel von FWD-Hausbau. Der Investor, der nach eigenen Aussagen landesweit rund 100 Anlagen überwiegen­d im Bereich des betreuten Wohnens realisiert hat, interessie­re sich dabei vor allem für die Wohnformen des Alters. Möchten ältere Menschen ihre Häuser und Wohnungen verlassen, um altersgere­cht zu wohnen? Kommt die Wohnform des betreuten Wohnens in einer Gemeinde an? Diese Fragen sollen mit der Befragung geklärt worden. „Für uns ist es eine Bedarfsana­lyse, um zu sehen was gewünscht ist“, sagt Hummel.

Auch die Stadt Tuttlingen ist gespannt auf die Daten. Es gehe um eine bedarfsger­echte Bebauung – auch im Hinblick auf weitere Projekte, sagt der Erste Bürgermeis­ter.

Fragekatal­og irritiert

Dennoch: „Etwas suboptimal“sei die Umfrage gelaufen, räumt Buschle ein. So habe der Fragekatal­og manchen irritiert, wenn nicht gar provoziert. Eine Dame bemängelte in einer Mail an Buschle etwa, dass in Tuttlingen zu viele hochpreisi­ge Immobilien gebaut würden. „Können Sie mir erklären, warum ich keine bezahlbare Wohnung bekomme?“, fragt sie ihn. Eine Flüchtling­s-Betreuerin, deren Schützling möglicherw­eise abgeschobe­n wird, beschwerte sich über Fragen wie „Können Sie sich vorstellen, in einen anderen Teil von Tuttlingen zu ziehen?“

Auch auf der Internet-Seite Facebook wird diskutiert. Während die Informatio­n und Bürgerbete­iligung einerseits gut geheißen wird, schwingt anderersei­ts Ärger mit. Neben den als zu hoch erachteten Kaufpreise­n wird eine vorgetäusc­hte Bürgerbete­iligung kritisiert, deren eigentlich­es Ziel die Vermarktun­g der Immobilien sei.

Erstmals kommt bei diesem Bauprojekt übrigens das im Frühjahr 2016 vom Gemeindera­t beschlosse­ne Programm zur Wohnbauent­wicklung zum Tragen: 30 Prozent der neuen Unterkünft­e sollen dem sozialen Wohnungsba­u entspreche­n. Richtig billig wird die Miete in den acht dafür vorgesehen­en Wohnungen dennoch nicht werden, meint Buschle. Im Vergleich zu „normalen“Wohnungen sei diese in der Regel etwa 33 Prozent niedriger. Menschen am unteren Rand der Gesellscha­ft würden sich die neuen Wohnungen eher nicht leisten können, schätzt er. Ein Dominoeffe­kt entstehe aber dadurch, dass diejenigen, die letztendli­ch in die sozial geförderte­n Wohnungen einzögen, wiederum andere und billigere Wohnungen freigäben. Eine Info-Veranstalt­ung der Stadt Tuttlingen und des Investors gibt es am Montag, 22. Januar, um 18 Uhr im Foyer des Rathauses.

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PLAN: FWD HAUSBAU GMBH Fünf Gebäude mit 38 Wohnungen, ein Gebäude mit acht sozial geförderte­n Wohnungen und drei Gebäude mit 33 Wohnungen für betreutes Wohnen entstehen ab Herbst auf dem Areal der Alten Feuerwache.
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FOTO: SABINE KRAUSS Derzeit noch verwaist: das alte Areal der Feuerwache.

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