Immer mehr Berufspendler im Kreis
In Tuttlingen steigt die Zahl der Einpendler in acht Jahren um 23 Prozent – OB will mehr Wohnraum anbieten
Vor allem in der Stadt Tuttlingen ist der Anstieg überdurchschnittlich.
TUTTLINGEN - Immer mehr Menschen fahren täglich von außerhalb in den Landkreis Tuttlingen zur Arbeit. Laut Bundesagentur für Arbeit pendelten im Jahr 2016 17 200 Menschen in den Kreis, 12 300 arbeiteten außerhalb. Größter Anziehungspunkt ist dabei Tuttlingen mit täglich 15 300 Einpendlern. Hier hat sich die Zahl binnen acht Jahren um fast ein Viertel – 23 Prozent – erhöht.
Im Vergleich zu anderen großen Städten in der Region wie VillingenSchwenningen (plus 14 Prozent) und Rottweil (plus sechs Prozent) ist die Entwicklung in Tuttlingen deutlich überdurchschnittlich – mit allen Vorund Nachteilen. Denn mehr Einpendler bedeuten auch mehr Verkehr. „In der Stadt brummt es morgens schon ab 5.30 Uhr“, sagt Tuttlingens Oberbürgermeister Michael Beck. Mit dem Ergebnis, dass an den Haupteinfahrtsstraßen regelmäßig der Verkehr stocke. Zähle man die Tuttlinger hinzu, die außerhalb der Stadtgrenzen arbeiten – täglich rund 5000 Menschen – ergebe das rund 21 000 Pendler. Beck: „Der innerstädtische Verkehr ist da noch gar nicht eingerechnet.“ sagt Tuttlingens Oberbürgermeister Michael Beck zu den Pendlerströmen.
Doch der Oberbürgermeister ist auch „sehr froh“über die steigenden Zahlen: „Das ist eine phänomenale Entwicklung, die wir als Stadt nehmen. Denn mehr Einpendler bedeuten ja auch mehr Arbeitsplätze.“In den vergangenen 14 Jahren sei die Zahl der versicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisse um 10 000 auf 25 000 gestiegen, sagt er. Minijobs eingerechnet, käme man sogar auf 30 000. Da sich eine Stadt im wesentlichen über Einwohner und den Einkommenssteueranteil der Einwohner finanziere, möchte die Verwaltung die Menschen davon überzeugen, in Tuttlingen zu wohnen.
Das hat teilweise bereits funktioniert, Tuttlingens Einwohnerzahl ist auf 36 000 gestiegen. Beck: „Klar ist aber auch, dass zu wenig Wohnraum da ist, auch in den Stadtteilen.“Eine große Chance bietet das rund fünf Hektar große Straßenbau Storz-Areal in Innenstadtnähe, in dem Wohnraum entstehen soll. Die Verhandlungen mit den Eigentümern laufen (wir berichteten).
Die meisten Berufstätigen im Landkreis Tuttlingen, gemessen an den Einwohnern, lockt Gosheim an. Dort kommen auf 100 Einwohner 55 Einpendler. In Tuttlingen sind es 44 Einpendler auf 100 Einwohner.
Gosheims Bürgermeister Bernd Haller freut’s: „Wir haben die höchste Steuerkraft pro Kopf im Landkreis, das liegt natürlich daran, dass wir so starke Firmen bei uns haben.“Eben diese Unternehmen sind es, die Arbeitnehmer von außerhalb der Gemeinde anziehen.
Landratsamt analysiert Ströme
Im Landratsamt Tuttlingen werden die Pendlerströme genau analysiert, auch, um den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) darauf abzustimmen. „Eine steigende Anzahl an Ein- und Auspendlern im Landkreis Tuttlingen nutzt die Angebote unseres Verkehrsverbundes TUTicket. Zudem bieten viele Arbeitgeber zusätzlich vergünstigte Jobtickets für ihre Mitarbeiter an“, so Landrat Stefan Bär.
Der Landkreis ist neben der Stadt Tuttlingen und der Firma Aesculap einer jener Arbeitgeber, der seinen Mitarbeitern mehr als 50 Prozent der Kosten für ein Umweltjahresticket erstattet. Laut Nadja Seibert, Sprecherin des Landratsamtes, nutzen 122 von 860 Mitarbeitern diese Möglichkeit, um an ihren Arbeitsplatz zu kommen. „Wir machen das seit Jahren“, sagt auch Tuttlingens Oberbürgermeister, und er sieht hier weiteres Potenzial. Beck: „Hier tut sich was. Wir sind mit mehreren großen Firmen der Stadt im Gespräch.“
Feuerwehren kämpfen um Leute
Während Kommunen sich über hohe Einpendlerquoten freuen, haben gerade kleine Gemeinden mit den Folgen vieler Auspendler zu kämpfen, ganz besonders die Feuerwehren. Bei Bränden könnte es schlicht an Einsatzkräften fehlen. Doch der designierte Kreisbandmeister Andreas Narr gibt für den Landkreis Entwarnung: „Es sind tagsüber weniger Feuerwehrleute vor Ort, aber nicht zu wenige.“Die Feuerwehr verfolgt zwei Strategien, um immer einsatzfähig zu bleiben. „Einpendler können eine Doppelmitgliedschaft in der Feuerwehr haben. So können sie tagsüber am Arbeitsort, ansonsten im Heimatort aktiv sein. Außerdem bemühen wir uns um Schichtarbeiter, die je nach Schicht auch tagsüber zuhause sind.“Auch kleine Gemeinden, in denen tagsüber kaum ein Berufstätiger anzutreffen ist, müssten sich nicht sorgen. „Dann greift die Überlandhilfe. Benachbarte Feuerwehren kommen zur Unterstützung.“
„In der Stadt brummt es morgens schon ab 5.30 Uhr“,