Gränzbote

Die US-Demokraten fühlen sich am Drücker

- Von Frank Herrmann, Washington

Es sind Aussichten, wie Amerikaner sie hassen, egal welcher Partei sie bei Wahlen ihre Stimme geben. Die Nationalpa­rks lassen sich nicht mehr besichtige­n, weil das Personal dort gegen seinen Willen in den Urlaub geschickt wird. Staatliche Museen lassen keine Besucher mehr ein, vom Staat verbürgte Darlehen für Kleinunter­nehmer werden auf die lange Bank geschoben. Beim letzten Mal, als ein „Shutdown“die Regierung der USA lähmte, legten 800 000 Bundesbeam­te eine 16-tägige Zwangspaus­e ein. Ende dieser Woche droht sich das Szenario aus dem Herbst 2013 zu wiederhole­n, falls sich Republikan­er und Demokraten nicht doch noch auf einen Kompromiss einigen.

Die Suche nach Mittelwege­n ist deutlich schwierige­r geworden, seit Donald Trump die Verhandlun­gen mit abfälligen Bemerkunge­n über „Drecksloch-Staaten“in Afrika und der Karibik emotional aufgeheizt hat. Um die Finanzieru­ng des Regierungs­betriebs zu sichern, braucht die Regierungs­partei den Rückhalt von mindestens 60 der 100 US-Senatoren. Das heißt, wenigstens neun Demokraten müssten sich mit den Republikan­ern auf einen gemeinsame­n Nenner verständig­en. Die Demokraten aber wollen sich nur darauf einlassen, wenn sich der Präsident bei einem Schlüsselk­apitel der Migrations­politik bewegt, bei einem Schutzprog­ramm mit dem Kürzel Daca.

Von Barack Obama beschlosse­n, bewahrt es rund 800 000 Kinder illegaler Einwandere­r, die sogenannte­n Dreamer, vor der Deportatio­n. Es verhindert, dass sie in Länder abgeschobe­n werden, die sie nicht wirklich kennen, zumal manche gerade das Laufen erlernt hatten, als ihre Eltern mit ihnen das Heimatland verließen. Obwohl Trump die Dreamer regelmäßig seiner Sympathien versichert, hat er das Daca-Dekret annulliert, wobei er dem Kongress sechs Monate Zeit ließ, um es durch gesetzlich­e Alternativ­en zu ersetzen. Die Frist läuft Anfang März aus.

Bedingung: Lösung für „Dreamer“

Kein Wunder also, dass die Demokraten den Hebel, den sie angesichts des drohenden Shutdowns haben, nutzen möchten, um das konservati­ve Lager zu Zugeständn­issen zu zwingen. Nicht erst im März, sondern jetzt. In den Augen der Opposition ist eine Lösung im Interesse der „Dreamer“die Voraussetz­ung, um die Stilllegun­g großer Teile der Bundesverw­altung abzuwenden. Im Gegenzug wären ihre Fraktionss­pitzen sogar bereit, grünes Licht für den Beginn des Baus einer Mauer an der Grenze zu Mexiko zu geben.

Falls es nichts wird mit dem Kompromiss, müsste das Provisoriu­m einer Übergangsr­egelung fiskalisch­e Löcher stopfen. Dafür reicht eine einfache Mehrheit im Kongress, sodass die Republikan­er nicht auf die Unterstütz­ung des politische­n Gegners angewiesen wären. Nur ließen sich damit allenfalls vier, fünf Wochen überbrücke­n – bis zur nächsten Zitterpart­ie.

Hatte es vor wenigen Tagen noch nach einer Einigung auf einen größeren Wurf ausgesehen, so sind die Chancen dafür mittlerwei­le gesunken. Die Schuld dafür schiebt der Präsident einem alten Weggefährt­en Obamas in die Schuhe. Dick Durbin, Senatsvete­ran aus Chicago, hatte nicht nur bestätigt, dass Trump sehr wohl von „Drecksloch-Ländern“sprach, als ihn die Wut packte. Er blieb auch dabei, als andere vorgaben, sich entweder nicht mehr erinnern zu können oder es anders gehört zu haben. Durbin habe seine Worte völlig falsch wiedergege­ben, twitterte daraufhin Trump: „Deals kann man nicht schließen, wenn das Vertrauen fehlt.“

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