Seniorenunion fordert Netzwerke
SPAICHINGEN - Die älteren Menschen, besonders im ländlichen Raum, sind durch den Abbau von Dienstleistungseinrichtungen zunehmend betroffen. Um die angeblich wirtschaftlich notwendigen Schließungen von Bankfilialen, Arztpraxen, Apotheken oder Notariaten zu thematisieren, hat sich die Seniorenunion im Landkreis nun deutlich zu Wort gemeldet.
Der Leiter des neu geschaffenen Amtes für Demografie, Kunzmann, konnte nun für ein Gespräch nach Spaichingen engagiert werden. Dass das Thema aktuell ist, war am voll besetzten Nebenzimmer des Gasthauses „Engel“leicht zu erkennen.
Der Wahlkreisabgeordnete der CDU, Justizminister Guido Wolf, lobte die vorgestellten Thesen und möchte dafür kämpfen, dass die Infrastrukturen auf dem Land nicht gekappt werden. Im vorgestellten Leitfaden der Kreisseniorenunion sind unter dem Titel „In Würde alt werden“weitreichende Forderungen an die politischen Instanzen enthalten.
Die Kernpunkte sind bürgerschaftliche Seniorennetzwerke mit entsprechenden Seniorentelefonen, haupt- und ehrenamtliche Beauftragte, speziell für Ältere, welche Hilfe im Alltag benötigen.
Appelliert wird an die Kommunen und Kirchen und die vielen sogenannten „jungen Alten“, einen Teil ihrer Freizeit in die Seniorenarbeit einzubringen. Die Kommunalpolitiker werden aufgefordert, die zu schaffenden Einrichtungen zu institutionalisieren. Eine große Sorge sei auch die mangelhafte Barrierefreiheit im Bus- und Bahnverkehr.
Der Kreisvorsitzende Roland Ströbele hatte zu dem Gespräch auch den Vertreter der Jungen Union, Nathanael Schwarz aus Trossingen eingeladen. Dieser warnte vor möglichen überzogenen Kosten, welche von den Jüngeren geschultert werden müssten.
Auch der Seniorenbeauftragte des Kreises, Martin Stützler, warnte vor übermäßiger Fürsorge, denn schließlich sollte man gegen die Erschwernisse des Alters auch frühzeitig selbst eigene Vorsorge treffen.
Kreistagsmitglied Bernhard Schnee, der vor Jahren belächelt worden war, als er einen Kreisjugendpfleger beantragte, sieht die Schaffung von Beratungsstellen jetzt auch für die Alten für angezeigt.
Kunzmann zeigte in seinem Referat die rasante Entwicklung der Bevölkerung des Landes auf. Unabhängig von den Flüchtlingsbewegungen sei mit einem weiteren Zuzug aus den anderen Bundesländern zu rechnen. Die oft verbreitete Angst vor einem Bevölkerungsrückgang sieht er für die nächsten vier Jahrzehnte für Baden-Württemberg als Ganzes nicht. Allerdings sieht Kunzmann die Gefahr einer weiteren Verdichtung in den Ballungsräumen und eine Ausblutung des ländlichen Raumes. Den drohenden Einwohnerverlust in den ländlichen Gemeinden sieht der Demografieexperte mit Sorge: „Wenn wir die Dörfer nicht am Bevölkerungswachstum teilhaben lassen, wird es dort ganz schwierig mit der Grundversorgung“.
Eine Herausforderung komme auf uns ab 2040 zu, wenn die geburtenstarken Jahrgänge 80 Jahre und älter werden. Durch Zuzug und Geburtensteigerung müsse das Verhältnis Rentner/Beschäftigte verbessert werden.