Frauenhaus und Phönix unter einem Dach
Beratungsstellen weihen offiziell ihre neuen Räume in der Wilhelmstraße 4 ein
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TUTTLINGEN - Im November sind sie eingezogen, nun ist die offzielle Einweihung gefeiert worden: Der Verein Frauenhaus Tuttlingen und der Verein Phönix – gegen sexuellen Mißbrauch arbeiten künftig unter einem Dach. In der Wilhelmstraße 4, schräg gegenüber der Post, haben die zwei Beratungsstellen im Erdgeschoss die Räume einer ehemaligen Praxis bezogen.
Beide Vereine hatten eines gemeinsam: Ihre bisherige Unterkunft war nicht mehr optimal. Phönix, bislang im dritten Stock in der Bahnhofstraße 11 angesiedelt, musste umziehen, da das Gebäude generalsaniert wird. Die Beratungsstelle des Frauenhauses war bislang in Räumen des evangelischen Gemeindehauses untergebracht, was in puncto Raumgröße als auch bei den Öffnungszeiten nicht immer geschickt war.
„Es ist unsere Wunsch- und Traumkonstellation, hier gemeinsam mit dem Frauenhausverein unter einem Dach zu arbeiten“, sagte PhönixVorsitzende Sandra Kienzle bei der Begrüßung. Während vier der Räume von Phönix genutzt werden, hat der Frauenhausverein als Untermieter zwei Räume bezogen.
Phönix: 58 Fälle im vergangenen Jahr
Beide Beratungsstellen berichten von gestiegenen Fallzahlen. Während es bei Phönix im Jahr 2016 45 Beratungsfälle gab, waren es 2017 58 Fälle. „Das klingt erstmal nicht viel“, sagt die hauptamtliche Mitarbeiterin Sabine Dietrich, „doch dahinter stecken pro Einzelfall viele Beratungsstunden.“
29 Mädchen, elf Jungen, 18 Frauen und drei Männer wandten sich im vergangenen Jahr an Phönix – davon war in 17 Fällen unklar, ob es sich tatsächlich um sexuellen Missbrauch handelte. Die Täter stammten meist aus dem Kreis der Nahestehenden: In 26 Fällen waren es Verwandte, in zwölf Fällen stammten sie aus dem sogenannten sozialen Nahraum, wie Bekannte, Chef oder Freunde. Nur bei sechs sexuellen Übergriffen handelte es sich um Fremde.
Frauenhaus: Zu 100 Prozent ausgelastet
Auch das Frauenhaus ist nach wie vor voll belegt. „Wir sind zu 100 Prozent ausgelastet“, sagt Juliane Schmieder vom Frauenhaus. Das große Problem, das das Frauenhaus habe, sei die Wohnungssituation in Tuttlingen. „Es gibt keine bezahlbaren Wohnungen“, weist Schmieder darauf hin, dass sie und ihre Mitarbeiterinnen oft nicht wissen, wohin sie ihre Klienten nach dem Aufenthalt im Frauenhaus unterbringen sollen. Über sechs Zimmer verfügt die Einrichtung – und diese sind häufig von Frauen belegt, die schlichtweg keine Wohnung finden. „Etwa 60 Prozent der Frauen, die zu uns kommen, trennen sich dauerhaft von ihrem Partner und sind deshalb auf Wohnungssuche“, so die Frauenhaus-Mitarbeiterin. Häufig käme es vor, dass sie aufgrund des Wohnungsmangels bis zu acht Monate im Frauenhaus bleiben. Ist alles voll, werden weitere Frauen an die Frauenhäuser der Nachbarkreise weitergeleitet, sagt Schmieder.