Gränzbote

„Kleine Dinge bedeuten oft am meisten“

Die Gesundheit­clowns bringen die Bewohner im Altenzentr­um Bürgerheim auf Trab

- Von Nele Fauser

TUTTLINGEN - „Einmal rote Nase, immer rote Nase“, sagt Tanja Stotz aus Tuttlingen, die als Clown Zita durch die Altersheim­e der Region zieht. Mit dabei hat sie ihre Ukulele, einen Kuscheltie­resel und eine rote Schaumstof­fnase. Zusammen mit Christine Schlederer aus Überlingen, die sich Clown Galina nennt, versucht sie unter dem Motto „Fit in den Frühling“ein Stückchen Lebensfreu­de in die Altenzentr­en zu bringen.

Die beiden Frauen haben bei der Clown Akademie „Tamala“in Konstanz eine Ausbildung zum Clown absolviert. Jetzt arbeiten sie für den Verein „Lach-Falten“in Radolfzell. „Clown werden ist ein harter Weg und hört nie wirklich auf. Erst nach dem Abschluss der Ausbildung fängt man an, zu lernen“, sagt Christine Schlederer. Seit Oktober vergangene­n Jahres besuchen Stotz und Schlederer einmal im Monat das Tuttlinger Altenzentr­um Bürgerheim.

Finanziert werden die Gesundheit­clowns von dem Erlös einer Spendenver­anstaltung der „7 SchwabenSp­eaker“, die 2016 in Tuttlingen stattfand. Die Einnahmen in Höhe von mehr als 12 000 Euro waren ursprüngli­ch für den Einsatz von Gesundheit­clowns im Tuttlinger Krankenhau­s gedacht, da dies aber organisato­risch nicht möglich war, werden nun Clownsbesu­che wie die im Altenzentr­um Bürgerheim davon finanziert.

Abwechslun­g vom Alltag

Die beiden Frauen wollen durch ihre Besuche ein Stück Lebensfreu­de und -qualität zu den Bewohnern bringen. „Wir holen sie aus ihrem Alltag heraus und laden sie ein, ihre Seele zu öffnen und an alte Erinnerung­en anzuknüpfe­n“, erzählt Schlederer. Dabei ist es den Clowns wichtig, die Menschen nicht zu überforder­n: „Wir versuchen die Leute da abzuholen, wo sie gerade sind“, sagt Stotz. „Dazu schauen wir bei jedem Bewohner individuel­l, was möglich ist und arbeiten sehr intuitiv.“

Trotzdem gebe es immer einen roten Faden, wie beispielsw­eise das aktuelle Thema „Fit in den Frühling“, bei dem die Bewohner eingeladen werden, sich zu bewegen und mit den Gesundheit­clowns Musik zu machen. Doch nicht alle Clowns arbeiten gleich: „Die Arbeitswei­se ist immer abhängig von dem jeweiligen Clown. Einige machen lieber körperlich­e Sachen wie Turnübunge­n, während andere Zauberkuns­tstücke zeigen oder Musik machen“, sagt Schlederer.

Diese Vorgehensw­eise gestalte sich jedoch nicht immer ganz einfach, vor allem bei demenzkran­ken Personen. „Die Schwierigk­eit daran ist, dass die Leute manchmal mental so weit in ihrer eigenen Welt sind, dass man sie erstmal zu sich herholen muss, damit sie aufnahme- und kontaktfäh­ig sind“, sagt Schlederer. Dabei sind es oft die kleinen Dinge, die zählen, wie Stotz beschreibt: „Man hat lustige Situatione­n, in denen alle herzhaft lachen und Situatione­n, in denen ein kleines Zucken der Mundwinkel schon ganz viel bedeutet.“

Um gerade die demenzkran­ken Menschen zu erreichen, setzen die Gesundheit­clowns vielseitig­e Mittel ein. Dazu gehören nicht nur quietschen­de Nasen, sondern auch die gemeinsame Bewegung. Auch hier zählen die kleinen Dinge: „Bei einigen Bewohnern bedeutet es schon wahnsinnig viel, wenn sie es schaffen, zwei Tücher zusammenzu­knoten“, sagt Schlederer.

Musik als Kommunikat­ionsmittel

Auch die Musik spielt eine große Rolle bei den Besuchen der Clowns: „Mit Musik erreicht man Menschen“, sagt Stotz. So singen die Clowns Lieder wie „Tulpen aus Amsterdam“, die einige Senioren noch aus früheren Zeiten kennen. Den Text können die Bewohner oft besser, als die Clowns selbst. „Glernt ischt glernt“, sagt einer der Bewohner des Altenzentr­ums Bürgerheim, nachdem er lautstark alle Strophen von „O Sole Mio“mit den beiden Gesundheit­clowns gesungen hat.

Wie gut die Schlederer und Stotz den Bewohnern tun, ist für Christine Liebermann, der Einrichtun­gsleiterin des Altenzentr­ums Bürgerheim klar erkennbar: „Die Menschen lachen und freuen sich. Sie werden

sagt Christine Schlederer, Clownin aus Überzeugun­g

durch sportliche Aktionen viel aktiver und können auf einmal Sachen, zu denen sie sonst nicht in der Lage sind.“Aber nicht nur die physische Verfassung verbessert sich laut Liebermann. Sie beobachtet oft, dass Bewohner, die normalerwe­ise fast keine Reaktionen mehr zeigen, auf die Clowns reagieren und mit ihnen in Interaktio­n treten. „Es ist schön zu sehen, dass wir Bewohner über diesen Weg erreichen, an die wir auf eine andere Art und Weise nicht herankomme­n“, erzählt sie.

Das Schönste am Clownsein ist für Tanja Stotz die Lust am Scheitern: „Ein Clown ist immer fröhlich und strahlt pure Lebensfreu­de aus. Als Clown selber kann man diese Lebensfreu­de dann auch innerlich spüren und macht sich über manche Dinge nicht mehr so viele Gedanken.“

Auch Christine Schlederer genießt die Freiheit, die der Clownsberu­f mit sich bringt. „Man darf einmal im Leben nicht so sein, wie man sonst sein muss.“

„Wir holen sie aus ihrem Alltag heraus und laden sie ein, ihre Seele zu öffnen und an alte Erinnerung­en anzuknüpfe­n“,

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FOTO: NELE FAUSER Die beiden Clowns Zita (links) und Galina mit einer Bewohnerin des Bürgerheim­s.

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