Perkussionisten imitieren startende Hubschrauber
„Elbtonal Percussion“kann hauchzart agieren, haut aber auch mächtig auf die Pauke
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TUTTLINGEN - Von hauchzart bis archaisch: Das Hamburger Quartett „Elbtonal Percussion“hat am Sonntagabend vor gut 300 begeisterten Zuhörern in der räumlich reduzierten Stadthalle mit dem Programm „Unschlagbar!“gastiert.
Ob Afrika oder Japan, Bach oder Blödsinn, die grandiosen Vier machen bei ihrer Tournee vor nichts Halt. Doch immer steht ihre Passion für exakte Perkussion im Vordergrund. Nach zwanzig gemeinsamen Bühnenjahren sind die drei Hamburger Jan-Frederick Behrend, Andrej Kauffmann und Stephan Krause und der Hannoveraner Sönke Schreiber zu einem perfekt harmonisierenden Ensemble zusammengewachsen.
Fast auf Tuchfühlung mit den Zuhörern spielte das Quartett sein kreatives Crossover-Programm: Die Bühne war hinter hohen Lamellen versteckt, ein Vorhang trennte die hinteren Stuhlreihen ab.
Schon beim Auftakt, der Hymne an Ghana von Matthias Schmitt, nutzten die virtuosen Schlagwerker einen großen Teil ihres über hundertteiligen Instrumentariums. Hauchzarte Sphärenklänge eines Kugelstoßpendels zogen das Publikum ebenso in den Bann wie die Klänge von parallel gespieltem Vibra- und Marimbaphon. Mit Jubel quittierten die Zuhörer das „Trio per uno“des deutsch-serbischen Komponisten Nebojša Jovan Živkovic: Drei Mann an einer querliegenden großen Trommel mit rasend schnellen Schlegelbewegungen. Auch Živkovics Volksporträt „Uneven Souls“stand auf dem Programm. Die vier Perkussionisten folgten der Forderung des Komponisten nach „bäuerlich-rustikalem Gesang“mit Verve.
Was „der gute alte Johann Sebastian“wohl denken würde, könnte er die Elbtonal-Umsetzung seiner Werke erleben? Da diente ein grünes Plastikrohr als Basso-continuo-Instrument, die Marimba sprang bei der Allemande aus der Suite Nr. 5 ganz locker für das Cello ein. Auch das Arrangement des 300-jährigen kleinen Präludiums in c-Moll klang frisch und mitreißend. Vor der Pause nutzte das Quartett noch Regentonnen und quietschbunte Plastikeimer für eine rhythmische Einlage mit Jonglage. Dramatisch, düster und dumpf begann der zweite Konzertteil: „The Wave“, ein Marimba-Concertino im Jahr 2000 von Keiko Abé komponiert, wirkte wie eine Vorahnung des großen Tsunami.
Zur Beruhigung diente die noch keine zwei Jahre alte Ballade „Daydreaming“der britischen Band Motorhead. Die Schlagwerker bewiesen hier Fingerspitzengefühl im wahrsten Sinn des Worts.
Gefährlich hohe Dezibel-Werte
Als krasser Gegensatz folgte Russell Pecks aggressives Perkussions-Trio „Lift off!“von 1968. Bei dieser Imitation startender Hubschrauber auf neun Trommeln wünschte sich mancher Zuhörer den Gehörschutz, der bei solchen Dezibel-Werten gesetzlich vorgeschrieben ist. Oder dass das Wummern der Rotoren und Motoren nicht acht Minuten lang gehen würde.
Zum Trost dann wieder Bach: eine aparte und zeitlose „Toccata ohne Fuge“. Für den langen und kräftigen Beifall dankte Elbtonal mit „Mahlzeit!“, einem Rhythmus-Gag, bei dem Kochlöffel und Rührbesen auf Blechnäpfe und Holzstühle trafen.
Am Montagmorgen spielte „Elbtonal“dann vor 500 Schülern zusätzlich ein kindgerechtes Programm.
Für drei der Elbatonaler war Tuttlingen Neuland; der vierte, Jan- Frederick Behrend, hat gute Erinnerungen an die Stadt: Gewann er doch 2008 als Mitglied des Comedy-Trios Bidla Buh die heißbegehrte „Krähe“.