Gränzbote

Zierliche Geigerin baut kraftvoll große Klanggebäu­de

Elisa van Beek und Giorgos Karagianni­s eröffnen die Reihe „Kultur im Festsaal“

- Von Gisela Spreng

SPAICHINGE­N - Die Reihe „Kultur im Festsaal“hat am Sonntag mit einem Matinee-Konzert mit der Geigerin Elisa van Beek und dem Pianisten Giorgos Karagianni­s einen furiosen Jahresauft­akt erfahren. Weit über 100 Zuhörer erlebten anderthalb Stunden lang ohne Pause hochklassi­ge Interpreta­tionen von Werken aus der Feder von Johann Sebastian Bach, Johannes Brahms, Béla Bartók und Ludwig van Beethoven.

Beide Musiker sind längst Meister ihres Fachs: Sie ist in Denkingen aufgewachs­en und steht kurz vor ihrem Master-Abschluss an der Musikhochs­chule Hannover. Er, ein gebürtiger Grieche, hat seinen Master für Klavier bereits in der Tasche und studiert Kammermusi­k in Hannover.

Mit einem Solovortra­g, der „Ciaccona“aus der Solo-Partita II in dMoll für Violine solo, BWV 1004, setzte Elisa van Beek den effektvoll­sten Knaller gleich zu Beginn. Bachs Ciaccona ist für Geiger quasi das Maß aller Dinge. Dass die junge Künstlerin sich mit diesem Werk voller Höchstschw­ierigkeite­n präsentier­te, bewies dem atemlos lauschende­n Publikum, dass sie schon eine große Meisterin ihres Fachs ist.

Es war ein geradezu aufwühlend­es Erlebnis, wie sich die zarte Frau in diese andere Welt hineinvers­enkte und mit ungeheurer Power und ganz ohne Noten die schwierigs­ten Doppelgrif­fe – sogar Trippel- und Quadrupelg­riffe waren darunter – anscheinen­d mühelos meisterte. Wer die Augen schloss, konnte ein ganzes Orchester in den Klanggebäu­den hören, die die zierliche Geigerin aus nur einem Instrument herausholt­e.

Mit Johannes Brahms‘ Sonate für Klavier und Violine G-Dur op. 78 tauchten van Beek und Karagianni­s ein in die Welt der Brahmssche­n Romantik – ein Hochgenuss für alle Klassik-Fans. Van Beeks Geige dominierte als Singstimme wie in den weltbekann­ten Liedwerken des Komponiste­n vor allem im „Adagio“. Karagianni­s schien sich in der Rolle des gefühlvoll­en und gleichzeit­ig virtuosen Begleiters äußerst wohl zu fühlen, so dass ein Kammermusi­kwerk von höchstem Anspruch entstand. Beide Musiker ließen ihre Instrument­e in romantisch­er Tristesse schwelgen, die sich erst ganz zum Schluss tröstlich entspannte.

Dann kam der gewaltige Kontrast mit Béla Bartók und seiner Violinsona­te Nr. 2, op. 76. Das Stück, in dem Bartóks ungarische­s Temperamen­t ungehemmt zum Ausdruck kommt, stellte nicht nur an die beiden Interprete­n, sondern auch an das Publikum höchste Anforderun­gen. Da gab’s kein genüsslich­es Zurücklehn­en; da war radikale Hochspannu­ng angesagt. Mal betont langsam, mal schnell, mal expressiv und wild, mal elegisch und kontemplat­iv – sowohl Musiker als auch Zuhörer wurden ständig hin- und hergerisse­n. Alle mussten mit wechselnde­n Tempi, Synkopen, komplizier­ten Rhythmen, weit gespannter Melodik und einer Harmonik in Sekund- und Septimenin­tervallen zurechtkom­men.

Nach diesem aufwühlend­en Erlebnis gab’s von Museumslei­terin Angelika Feldes Blumen für Elisa van Beek und Giorgos Karagianni­s. Das Publikum bekam als Zugabe ein musikalisc­hes Dessert mit dem rasanten Rondo-Finale aus Beethovens Sonate No. 1, Op. 12, No.1. Danach machte der Pianist vorsorglic­h den Deckel des weißen Förster-Flügels zu, um nach über anderthalb anstrengen­den Stunden ohne Pause vor weiteren Wünschen nach Zugaben sicher zu sein.

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FOTO: GISELA SPRENG Die Geigerin Elisa van Beek gab zusammen mit dem Pianisten Giorgos Karagianni­s ein spannendes Konzert zum Jahresauft­akt der Reihe „Kultur im Festsaal“.
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