Bundesregierung sagt 350 Millionen Euro für Aufbau im Irak zu
Internationale Konferenz zum Wiederaufbau des zerstörten Landes in Kuwait – Fünf Länder tragen zwei Drittel der Entwicklungshilfe
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KUWAIT - Die Botschaft war eindeutig: Deutschland unterstützt weiterhin den Wiederaufbau des Irak, erwartet aber von der irakischen Regierung mehr Engagement im Kampf gegen Korruption und überbordende Bürokratie. „Die entscheidenden Signale für den Wiederaufbau müssen von der irakischen Regierung kommen“, sagte der geschäftsführende Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) am Rande der Irak-Wiederaufbaukonferenz in Kuwait. Im Gespräch mit dem irakischen Ministerpräsidenten Haider al-Abadi betonte er: „Korruption und bürokratische Hürden müssen abgebaut werden, damit die private Wirtschaft zum Motor des Wiederaufbaus werden kann. Deutsche Unternehmen sind bereit, in den Aufbau des Irak zu investieren, dies setzt aber dringend Reformen voraus."
Müller sicherte der irakischen Regierung weitere deutsche Hilfe in Höhe von insgesamt 350 Millionen Euro für das Jahr 2018 zu – vorbehaltlich der Zustimmung des Bundestages. Die Bundesregierung hat den Irak seit 2014 mit insgesamt 1,3 Milliarden Euro unterstützt. Deutschland ist somit eines von fünf Ländern, die zwei Drittel der Entwicklungshilfe tragen. Die Kosten für den Wiederaufbau des Landes betragen nach einer Schätzung der Weltbank rund 88 Milliarden US-Dollar in den kommenden fünf Jahren.
Die Lage im Irak ist nach wie vor dramatisch. Wegen der gesunkenen Ölpreise sind die Staatseinnahmen seit 2014 nach Angaben der Weltbank um 60 Prozent gesunken. In vielen Teilen des Landes liegt nach jahrzehntelangen Kriegen und Konflikten die Versorgung mit Strom und Wasser brach. Der Kampf gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat“(IS) hat die Situation für Millionen Menschen zusätzlich verschlimmert. Die Vereinten Nationen gehen von 8,5 Millionen Hilfsbedürftigen im Land aus. 2,5 Millionen Menschen leben als sogenannte Binnenflüchtlinge im Land, Hunderttausende sind ins Ausland, auch nach Deutschland, geflohen.
Situation alles andere als stabil
Vor allem im Nordirak, wo der IS in einigen Provinzen erst vor wenigen Monaten definitiv geschlagen wurde, ist die Situation der Menschen schwierig. Weil sie nicht in ihre zerstörten Dörfer und Städte zurückkehren können, harren Hunderttausende in Flüchtlingscamps aus und sind von Hilfe abhängig. Dort unterstützt die Bundesregierung vor allem den Wiederaufbau der Stadt Mossul, die Bildung von Flüchtlingskindern und die medizinische und psychosoziale Betreuung der Menschen.
Die Situation im Irak ist also alles andere als stabil – und somit eigentlich nicht das, was sich Unternehmer wünschen. Minister Müller wirbt dennoch für private Investitionen in dem Land. „Die Wirtschaft muss der Motor des Wiederaufbaus sein“, sagte er in Kuwait bei einem Treffen mit Vertretern deutscher Unternehmen. Mit öffentlichen Geldern sei diese Aufgabe nicht zu stemmen. Sein Ansatz sei es deshalb, „öffentliche Gelder mit privaten Investoren zu doppeln und so einen Mehrwert zu generieren“. Wie eine solche Allianz von öffentlicher Hand und privaten Unternehmen funktionieren könnte, zeigt das Beispiel Siemens. Mit Vorstandschef Joe Kaeser unterzeichnete Müller in Kuwait eine Erklärung, um die berufliche Ausbildung und die Korruptionsbekämpfung im Irak voranzutreiben. Konkret geplant sind Ausbildungs- und Trainingszentren für irakische Jugendliche im Bereich Energietechnik und Elektrik. „Das ist ein Angebot für die heimische Jugend, aber auch für Rückkehrer aus Deutschland“, sagte Müller. „Wir wollen irakische Jugendliche, die als Flüchtlinge in Deutschland angekommen sind, zurückführen und ihnen im Irak eine Perspektive bieten.“
Hilfsbedürftigen mit öffentlichen Geldern helfen, den Irak für Unternehmer lukrativ machen und die irakische Regierung auf entsprechende Rahmenbedingungen verpflichten – mit dieser Strategie will der Entwicklungsminister das Land stabilisieren und so zum Wiederaufbau beitragen. Aber – auch das machte Müller klar: Auch die arabischen Länder und die internationale Gemeinschaft müssten sich mehr als bislang engagieren. „Die enormen Anforderungen an den Aufbau der zerstörten Infrastruktur erfordern eine stärkere internationale Solidarität, als dies auf der Wiederaufbaukonferenz der Fall war. Die Weltgemeinschaft als Ganzes ist gefordert“, sagte Müller bei der Wiederaufbaukonferenz. „Es ist unbefriedigend, wenn nur zehn Länder 90 Prozent der Aufbauhilfe tragen.“