Gränzbote

Fasten kann auch ein Spaziergan­g sein

Pfarrerin Nicole Kaisner und Diakon Karl-Heinz Reiser erzählen, wie sie fasten

- ANZEIGE Von Kristina Priebe

DONAUTAL - Mit dem gestrigen Aschermitt­woch hat die rund siebenwöch­ige Fastenzeit begonnen. Evangelisc­he und katholisch­e Christen bereiten sich damit auf Ostern vor. Mit einem Unterschie­d: der Bußgedanke.

„Für mich persönlich macht das Fasten nur Sinn, wenn es einen Bereich betrifft, der schmerzt“, sagt Diakon Karl-Heinz Reiser von der Seelsorgee­inheit Donau-Heuberg. Fasten bedeute Verzicht, Zeit zum Nachdenken und Zeit um sich zu besinnen. Wenn manche sich damit brüsten, die Fastenzeit über ohne Fleisch auszukomme­n, aber dann übermäßig Fisch verzehren, dann sei das nicht Sinn der Sache, sagt Reiser.

„Die Fastenzeit ist auch keine Gelegenhei­t, um zehn Kilo abzunehmen.“In der Fastenzeit gehe es darum, bewusst auf Ostern zuzugehen und sich immer wieder seiner eigenen Vergänglic­hkeit bewusst zu werden, sagt Reiser. Der Stellenwer­t der Fastenzeit habe zwar im Vergleich zu früher abgenommen, so erlebt es der Diakon. Wem es aber wichtig ist, der nehme sich auch etwas Sinnvolles vor. Und dass es Menschen gibt, die die Fastenzeit ernst nehmen, sehe er an den gut besuchten Bußgottesd­iensten.

Denn in der katholisch­en Kirche, ist die Zeit des Fastens auch eine Zeit der Buße. Für Diakon Reiser ist die Fastenzeit gleichzeit­ig auch eine Phase, um sich sowohl seelisch, als auch körperlich auf die Osterfeier­lichkeiten vorzuberei­ten. „Ich nehme mir auch einmal bewusst vor, etwas liegen zu lassen, um Kraft für meinen Dienst zu sammeln.“Denn die Ostertage seien für die Geistliche­n eine anstrengen­de Zeit. Fasten, im Sinne von Kraft zu tanken, könne dann auch ein guter Spaziergan­g sein, sagt Reiser.

Die intensive Vorbereitu­ng beginnt in der Passionswo­che

Pfarrerin Nicole Kaisner betreut die evangelisc­he Gemeinde in Neuhausen ob Eck. Im praktische­n Alltag erlebe sie es selten, dass Menschen aus der Gemeinde fasten. Einige gebe es allerdings schon, die beispielsw­eise auf Alkohol und Schokolade verzichten, um sich auf die Osterzeit einzustimm­en und sich darauf zu besinnen, wie wertvoll Lebensmitt­el sind. „Ich selbst faste nicht“, sagt Kaisner. So kennt die

Pfarrerin das auch aus anderen Gemeinden.

„Für mich per- sönlich macht es mehr Sinn, das ganze Jahr über bewusst zu leben“, sagt sie. Die intensive Vorbereitu­ng auf Ostern beginnt für Kaisner in der Passionswo­che, beispielsw­eise mit Andachten.

Kaisner weist aber darauf hin, dass die evangelisc­he Kirche auch in diesem Jahr am Aschermitt­woch die Aktion „Sieben Wochen ohne“gestartet hat. Wie die Theologin Kathrin Althans auf der Homepage der Aktion schreibt, geht es dabei aber weniger um den Verzicht, sondern viel mehr um Einkehr und Besinnung. Denn die strengen Fastenrege­ln der katholisch­en Kirche wurden mit der Reformatio­n infrage gestellt, schreibt sie. „Martin Luther lehnte die Vorstellun­g ab, dass Verzicht und Askese als gute Werke vor der Hölle bewahren.“

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FOTO: DPA Mit Süßigkeite­n ist für Viele in der Fastenzeit erst einmal Schluss. In der Fastenzeit sollen Christen aber nicht nur verzichten.
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FOTO: ARCHIV Diakon KarlHeinz Reiser.
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FOTO: PRIVAT Pfarrerin Nicole Kaisner.

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