Die Affinität zum Affen
Vorgestern war Aschermittwoch. Da heulten die Fastnachter, weil Schluss war mit der Narretei, aber auch die Politiker, vor allem aus der SPD, weil ihnen gehörig der Marsch geblasen wurde. Kater und Katzenjammer, allerorten ein Thema. Allerdings muss man hier wieder einmal zur Ehrenrettung grundlos verunglimpfter Tiere schreiten: Mit Kater und Katze haben beide Ausdrücke nichts zu tun. Kater ist wohl eine studentische Verballhornung von Katarrh, wie wir zu einer saftigen Erkältung mit Kopfweh, Gliederschmerzen sowie eingeschränkter Hirnleistung sagen – und das kennt man ja alles nach durchzechter Nacht. Katzenjammer hingegen soll eine Verharmlosung von
Kotzenjammer sein, was wir hier nicht näher erklären müssen. Jämmerlich allemal.
Aber weil wir nun schon bei Tiervergleichen sind: Selten war das Wort
Affentheater so oft zu hören wie in den letzten Tagen mit all den Turbulenzen um die SPD. Auch hier ist eine Ehrenrettung angebracht – diesmal im Namen der Affen: Unter Affentheater verstehen wir heute unsinnige, alberne, irrwitzige Handlungen. Seinen Ursprung hat dieser Begriff allerdings im 18. Jahrhundert. Damals kam die Mode auf, Affen in Kleider zu stecken und ihnen kleine Szenen
einzubläuen, in denen sie Menschen im wahren Wortsinn nachäfften. Und gegen Ende des 19. Jahrhunderts gab es kaum einen Jahrmarkt, auf dem nicht kostümierte Affen in einer Schaubude zur Belustigung der Bürgerschaft herhalten mussten.
Für das Affentheater waren also letztlich nicht die Affen verantwortlich. Sie wurden schlichtweg vom Homo sapiens abgerichtet, um dessen exotische Gelüste zu befriedigen. In diesem Zusammenhang darf man auch an die Menschenzoos erinnern, die bis weit in das 20. Jahrhundert hinein in Europa üblich waren und ihre Wurzel ebenfalls in der ambivalenten Faszination durch exotische Welten hatten. Dabei wurden Eingeborene aus Kolonien eingefangen, hierher geschifft und dann in Zoos, botanischen Gärten oder Stadtparks hinter Gittern zur Schau gestellt. Auch beschönigend Völkerschauen genannt, sollten diese Präsentationen angeblich dem Kennenlernen fremder Ethnien dienen. Aber das Gegenteil war der Fall: Letztlich wurden nur Vorurteile verfestigt – hier der überlegene zivilisierte Weiße, dort der fremdartige Mensch zweiter Klasse.
Für die despektierliche Grundhaltung des Menschen gegenüber dem Affen hat unsere Sprache übrigens noch weitere Beispiele parat: Affenschande, Affenliebe, Affentanz, Affenhitze … Und wenn man von jemand sagt, er sei ein Affe, so ist das ja auch nicht gerade sehr nett. Aber warum haben wir Menschen diese seltsame Affinität zum Affen? Wahrscheinlich weil wir ihm so ähnlich sind. Studien belegen bekanntlich eine genetische Übereinstimmung bis zu 99 Prozent zwischen Menschenaffe und Mensch. Da laust einen doch der Affe!