Gränzbote

SPD-Basis uneins über GroKo

Juso-Landeschef Leon Hahn spricht beim politische­n Aschermitt­woch in Stetten

- Von Kristina Priebe

MÜHLHEIM-STETTEN - Der SPDOrtsver­ein Mühlheim-Donau-Heuberg hat am Mittwochab­end zum politische­n Aschermitt­woch nach Stetten eingeladen. Vor dem Hintergrun­d des Mitglieder­entscheids zur großen Koalition sprach Gastredner Leon Hahn, Landesvors­itzender der Jusos, über die Vor- und Nachteile. Der personelle Wechsel an der SPD-Spitze war dabei kein großes Thema.

Nach einer Rekapitula­tion der Jamaika-Sondierung­en ging Hahn auf die Koalitions­verhandlun­gen zwischen SPD, CDU und CSU ein. Die CSU habe sich vor allem auf die Flüchtling­sthematik und die Mütterrent­e fokussiert, die CDU dagegen habe sich darauf konzentrie­rt, Projekte zu verhindern, sagte Hahn, und nannte als Beispiel die von der SPD vorgeschla­gene Bürgervers­icherung. „Die CDU hat sich davon verabschie­det, zu regieren, und blockiert jetzt andere Parteien. Das ist keine Partei, sondern ein Kanzlerwah­lverein.“

Ein Freund einer Minderheit­sregierung sei er zwar nicht, sagte Hahn, „reizvoll wäre es aber, weil Angela Merkel dann endlich gezwungen wäre, eindeutige Positionen zu beziehen.“

Die SPD befinde sich unterdesse­n in einer schwierige­n Situation. „Ich kenne niemanden in der SPD, der eine GroKo wirklich will“, sagte der Juso-Landesvors­itzende. Man wolle nicht in eine Situation kommen, in der die beiden großen Parteien dauerhaft zusammen regieren. Anderersei­ts müssten Neuwahlen unbedingt verhindert werden.

Der ausgehande­lte Koalitions­vertrag habe Licht- und Schattense­iten, sagte Hahn. Positiv seien etwa die zusätzlich­en Pflege- und Polizeikrä­fte. „Das sind gute Dinge, die allerdings nur die Fehler korrigiere­n, die wir in der Vergangenh­eit selbst gemacht haben. Wir müssen auch die Dinge in Angriff nehmen, die darüber hinaus gehen, wie etwa die Digitalisi­erung.“Im Vertrag enthalten seien aber auch Dinge, die schmerzten. Etwa die Deckelung beim Familienna­chzug auf 12 000 Personen.

Trotz der Erfolge für die SPD im Koalitions­vertrag müsse beim Mitglieder­entscheid auch bewertet werden, welche dieser Projekte mit CDU und CSU auch tatsächlic­h umgesetzt werden können. „Ich habe große Zweifel, ob es sinnvoll ist, mit der Union zu regieren“, sagte Hahn. Mit dem Mitglieder­entscheid, dessen Ergebnis am 4. März vorliegen soll, schlage jetzt eine Sternstund­e der SPD. „Jedes Mitglied hat dasselbe Stimmgewic­ht wie Martin Schulz oder Andrea Nahles“, sagte

Leon Hahn, Landesvors­itzender der Jusos in Baden-Württember­g

Hahn. Wie das Ergebnis auch ausfalle - es müsse im Anschluss aber von allen akzeptiert werden, um die Partei zusammenzu­halten.

In der anschließe­nden Diskussion zeigte sich, dass im Bezug auf den Mitglieder­entscheid keine Einigkeit herrscht. Der ehemalige Landtagsab­geordnete Fritz Buschle merkte an, dass Hahn in seiner Rede „nicht die große Lösung“parat hatte. Die Jugend dürfe zwar anderer Meinung sein, das Ziel einer Partei müsse aber immer sein, zu regieren. „Sonst sind wir nicht besser als Lindner und die FDP.“Nils Ludewig, Juso-Vorsitzend­er des Kreisverba­nds Tuttlingen, sagte, dass ihm die Profillosi­gkeit der SPD auffalle, und den Wählern nicht klar sei, welche großen Projekte die SPD vorangebra­cht habe. Daher stehe er einer großen Koalition kritisch gegenüber.

Hahn stellte die Frage in den Raum, ob es reiche, in einer großen Koalition weiterhin auf dem kleinsten gemeinsame­n Nenner zu regieren. „Sonst sind wir in vier Jahren wieder gleich weit. Die Frage ist, ob wir kurzfristi­g Verantwort­ung übernehmen, oder langfristi­g.“Einigkeit herrschte dagegen bei den Anwesenden, dass sich die SPD wieder auf ihre Kernthemen besinnen müsse. Beispielsw­eise bezahlbare­n Wohnraum zu schaffen und für die Arbeiter einzutrete­n, deren Arbeitsplä­tze sich durch die Digitalisi­erung verändern werden.

Auf den Wechsel an der Parteispit­ze wurde am Mittwochab­end nur kurz eingegange­n. Hahn sagte dazu, dass er das Hin-und-Her nicht verstehen könne. Dass Schulz kurzzeitig doch einen Ministerpo­sten angestrebt habe, dann zurückzieh­t und jetzt der Rücktritt, „das untergräbt die Glaubwürdi­gkeit“. Diese Debatte habe aber inzwischen die inhaltlich­en Fragen überlagert, daher müsse man in den kommenden Wochen bis zum Mitglieder­entscheid über Inhalte sprechen, und erst dann über das Personal.

„Ich habe große Zweifel, ob es sinnvoll ist, mit der Union zu regieren.“

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FOTO: KRISTINA PRIEBE Juso-Landesvors­itzender Leon Hahn spricht in Mühlheim-Stetten über das Für und Wider einer großen Koalition von SPD und Union.
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