SPD-Basis uneins über GroKo
Juso-Landeschef Leon Hahn spricht beim politischen Aschermittwoch in Stetten
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MÜHLHEIM-STETTEN - Der SPDOrtsverein Mühlheim-Donau-Heuberg hat am Mittwochabend zum politischen Aschermittwoch nach Stetten eingeladen. Vor dem Hintergrund des Mitgliederentscheids zur großen Koalition sprach Gastredner Leon Hahn, Landesvorsitzender der Jusos, über die Vor- und Nachteile. Der personelle Wechsel an der SPD-Spitze war dabei kein großes Thema.
Nach einer Rekapitulation der Jamaika-Sondierungen ging Hahn auf die Koalitionsverhandlungen zwischen SPD, CDU und CSU ein. Die CSU habe sich vor allem auf die Flüchtlingsthematik und die Mütterrente fokussiert, die CDU dagegen habe sich darauf konzentriert, Projekte zu verhindern, sagte Hahn, und nannte als Beispiel die von der SPD vorgeschlagene Bürgerversicherung. „Die CDU hat sich davon verabschiedet, zu regieren, und blockiert jetzt andere Parteien. Das ist keine Partei, sondern ein Kanzlerwahlverein.“
Ein Freund einer Minderheitsregierung sei er zwar nicht, sagte Hahn, „reizvoll wäre es aber, weil Angela Merkel dann endlich gezwungen wäre, eindeutige Positionen zu beziehen.“
Die SPD befinde sich unterdessen in einer schwierigen Situation. „Ich kenne niemanden in der SPD, der eine GroKo wirklich will“, sagte der Juso-Landesvorsitzende. Man wolle nicht in eine Situation kommen, in der die beiden großen Parteien dauerhaft zusammen regieren. Andererseits müssten Neuwahlen unbedingt verhindert werden.
Der ausgehandelte Koalitionsvertrag habe Licht- und Schattenseiten, sagte Hahn. Positiv seien etwa die zusätzlichen Pflege- und Polizeikräfte. „Das sind gute Dinge, die allerdings nur die Fehler korrigieren, die wir in der Vergangenheit selbst gemacht haben. Wir müssen auch die Dinge in Angriff nehmen, die darüber hinaus gehen, wie etwa die Digitalisierung.“Im Vertrag enthalten seien aber auch Dinge, die schmerzten. Etwa die Deckelung beim Familiennachzug auf 12 000 Personen.
Trotz der Erfolge für die SPD im Koalitionsvertrag müsse beim Mitgliederentscheid auch bewertet werden, welche dieser Projekte mit CDU und CSU auch tatsächlich umgesetzt werden können. „Ich habe große Zweifel, ob es sinnvoll ist, mit der Union zu regieren“, sagte Hahn. Mit dem Mitgliederentscheid, dessen Ergebnis am 4. März vorliegen soll, schlage jetzt eine Sternstunde der SPD. „Jedes Mitglied hat dasselbe Stimmgewicht wie Martin Schulz oder Andrea Nahles“, sagte
Leon Hahn, Landesvorsitzender der Jusos in Baden-Württemberg
Hahn. Wie das Ergebnis auch ausfalle - es müsse im Anschluss aber von allen akzeptiert werden, um die Partei zusammenzuhalten.
In der anschließenden Diskussion zeigte sich, dass im Bezug auf den Mitgliederentscheid keine Einigkeit herrscht. Der ehemalige Landtagsabgeordnete Fritz Buschle merkte an, dass Hahn in seiner Rede „nicht die große Lösung“parat hatte. Die Jugend dürfe zwar anderer Meinung sein, das Ziel einer Partei müsse aber immer sein, zu regieren. „Sonst sind wir nicht besser als Lindner und die FDP.“Nils Ludewig, Juso-Vorsitzender des Kreisverbands Tuttlingen, sagte, dass ihm die Profillosigkeit der SPD auffalle, und den Wählern nicht klar sei, welche großen Projekte die SPD vorangebracht habe. Daher stehe er einer großen Koalition kritisch gegenüber.
Hahn stellte die Frage in den Raum, ob es reiche, in einer großen Koalition weiterhin auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner zu regieren. „Sonst sind wir in vier Jahren wieder gleich weit. Die Frage ist, ob wir kurzfristig Verantwortung übernehmen, oder langfristig.“Einigkeit herrschte dagegen bei den Anwesenden, dass sich die SPD wieder auf ihre Kernthemen besinnen müsse. Beispielsweise bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und für die Arbeiter einzutreten, deren Arbeitsplätze sich durch die Digitalisierung verändern werden.
Auf den Wechsel an der Parteispitze wurde am Mittwochabend nur kurz eingegangen. Hahn sagte dazu, dass er das Hin-und-Her nicht verstehen könne. Dass Schulz kurzzeitig doch einen Ministerposten angestrebt habe, dann zurückzieht und jetzt der Rücktritt, „das untergräbt die Glaubwürdigkeit“. Diese Debatte habe aber inzwischen die inhaltlichen Fragen überlagert, daher müsse man in den kommenden Wochen bis zum Mitgliederentscheid über Inhalte sprechen, und erst dann über das Personal.
„Ich habe große Zweifel, ob es sinnvoll ist, mit der Union zu regieren.“