Düstere Prognosen bei Lehrerversorgung
Schulamt sieht keine Entspannung auf Bewerbermarkt – Rektoren bemängeln Zeitverträge
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TUTTLINGEN - Es ist ruhig geworden um das Thema Lehrermangel im Grund- und Sonderschulbereich – und doch ist es nach wie vor aktuell und wird im Kreis Tuttlingen spätestens im Herbst erneut brisant werden. Da zum neuen Schuljahr landesweit rund 500 Lehrerstellen nicht besetzt werden können, rechnen Tuttlinger Rektoren und das zuständige Schulamt Konstanz weiterhin mit großen Engpässen.
Das Schuljahr an den Grund- und Sonderschulen Tuttlingens läuft – und das mit nur wenigen Ausfällen in Randbereichen wie Sport, Musik, Kunst oder Englisch. Dass dies angesichts vieler fehlender Lehrer überhaupt möglich ist, dafür sorgen die sogenannten Nicht-Erfüller: Personen, die keine ausgebildeten Lehrer, aber in anderen Bereichen Fachkräfte sind. Und so helfen Mitarbeiter der Jugendkunst- und Musikschule in Kunst und Musik aus, studierte Diplomsportler übernehmen Sportstunden, Psychologen eine Vorbereitungsklasse für noch nicht deutschsprechende Kinder. Darüber hinaus unterrichten zwei Gymnasiallehrer an Tuttlingens Grundschulen, Pensionäre arbeiten in Teilzeit.
Kreativ-Lösungen gefragt
Ohne diese Fremdhilfe wäre ein geregelter Schulbetrieb kaum möglich, meint etwa Till Haendle, Rektor der Karlschule in Tuttlingen. Sechs derartige Kollegen beschäftigt er in diesem Schuljahr an seiner Schule, nachdem 56 Unterrichtsstunden nicht besetzt werden konnten. Mit ähnlichen Kreativ-Lösungen deckt auch die Schrotenschule 1,5 fehlende Lehrerstellen ab – ebenso wie die übrigen Grundschulen des Stadtgebiets.
Auch im kommenden Schuljahr werden sich Tuttlingens Schulen mit derartigen Lösungen über Wasser halten müssen. Schon jetzt fehlen im Kreisgebiet im Grundschulbereich 25 Lehrkräfte. Der Blick auf die Bewerberlage sieht düster aus. „Eine Entspannung ist nicht in Aussicht“, kündigt Karl-Heinz Deußen, Leiter des Schulamts Konstanz, an. „Es wird ähnlich kritisch wie in diesem Schuljahr“, sagt er. Von einer schwierigen Situation spricht auch der örtliche Personalratsvorsitzende der Lehrer, Bernhard Sum: „Wir fallen in ein immer größeres Loch.“
Spürbar wurde dies bereits an den sogenannten schulscharfen Stellen, die Schulen des ländlichen Raums bereits vor dem Hauptverfahren direkt ausschreiben dürfen. Beispiel Karlschule: Auf die angepriesene Stelle meldete sich niemand. „Ich gehe davon aus, dass auch über die normale Lehrerzuteilung niemand kommt“, sagt Haendle.
Um das Problem ansatzweise in den Griff zu bekommen, setzt die Landesregierung nun verstärkt auf den Einsatz weiterer Gymnasiallehrer. Wer sich verpflichtet, drei Jahre an einer Grundschule zu unterrichten, bekommt eine Einstellungszusage fürs Gymnasium. Ob dieses Versprechen bei den Kandidaten ankommt und ob dann tatsächlich welche in Tuttlingen landen werden – das wird von den hiesigen Rektoren allerdings bezweifelt.
Ärgerlich ist aus ihrer Sicht auch der Umgang mit den Nicht-Erfüllern, von denen es im Kreis derzeit 19 gibt. Ihre Verträge enden Ende Juli, im besten Fall erfahren sie im Sommer, ob sie ab September wieder eingestellt werden. „Es gibt für sie keine Planungssicherheit“, bemängelt Schrotenschul-Rektorin Ute Scharre-Grüninger. Dabei würden diese Kräfte einen qualitativ guten Job erledigen und seien Profis in ihren Gebieten, wie auch Haendle betont. „Mein Wunsch wäre es, dass diese Fachkräfte dauerhaft im Schulbetrieb aufgenommen werden“, sagt er.