Die Vergangenheit liegt in der Glaskugel
Frank Golischewski und Anika Neipp servieren „Linse, Spätzle, Saitenwürschte“
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TROSSINGEN - Seit zehn Jahren präsentiert das Duo Frank Golischewski und Anika Neipp den satirischen Jahresrückblick „Linse, Spätzle, Saitenwürschte“. Auch heute und morgen finden noch Vorstellungen im Trossinger Kesselhaus statt.
Satire ist von Natur aus bissig, meistens auch einfach zum Brüllen komisch, zumindest, wenn Frank Golischewski und Anika Neipp damit auf der Bühne stehen. Und dass die beiden ziemlich schmerzfrei sind, wenn es darum geht, ein lustiges Paar abzugeben, haben sie auch dieses Mal auf herrliche Art und Weise bewiesen. Anika Neipp hat sich in ihrer Rolle bei „AstroTV“zur Wahrsagerin weitergebildet. Dass Frank Golischewski seine „Fleischmütze“mit einem rosafarbenen Tuch bedecken muss, ist da doch selbstverständlich, wenn es um die hohe Kunst der Hellseherei geht.
Fast schon genauso selbstverständlich ist es, dass ein Künstler Schulden beim Finanzamt hat – so zumindest die Rolle Golischewskis. Seine Angst vor dem Gefängnis kann Anika Neipp wegrechnen. Gemeinsam ermitteln sie den Hoeneß-Faktor: „Er hat 28,5 Millionen Euro hinterzogen und dafür dreieinhalb Jahre bekommen. Das macht für eine Minute 16,66 Euro.“
Bei seiner läppichen Steuerschuld von 1 500 Euro müsse Golischewski für gerade mal 90 Minuten ins Gefängnis. Rechne man Anund Abreise dazu, schulde ihm das Finanzamt sogar noch Geld.
Doch nicht nur Themen, die von bundesweitem Interesse waren, wurden von den beiden aufs Korn genommen. Auch der Jagdpächter, der verhindert hat, dass der Energieparcours der Solwegschule über den Wiesenweg führt, bekam sein Fett weg. „Das Reh springt hoch, das Reh springt weit, der Jäger ist dafür zu schlapp und knallt es lieber ab.“
Bei den „Schlagzeilen“, bei denen die beiden Künstler die wichtigsten Ereignisse des vergangenen Jahres verlesen, folgte ein Terroranschlag dem nächsten, die Moll-Töne überwogen doch sehr. Die erste positive Meldung - den Wahlsieg Emmanuel Macrons - verkündeten sie erst für den 7. Mai. Ein bisschen mehr Optimismus wäre dem Abend gerechter geworden.
Sentimental wurde die Stimmung, als auf der Leinwand verstorbene Schauspieler, Musiker und Politiker gezeigt wurden. Das eine „Ah“oder „Oh“kam dazu aus dem Publikum, doch zum Glück wusste Anika Neipp das Ruder rumzureißen und brillierte mit dem „Ein Lied kann eine Brücke sein“von Joy Flemming. Tosender Applaus war ihr und ihrem Bühnenpartner sicher.
Die Aufführung ist am heutigen Samstag, 20 Uhr, und am Sonntag um 11 und um 16 Uhr zu sehen. Wer Linsen und Spätzle in der Pause essen möchte, muss diese beim Einlass eine Stunde vor Veranstaltung bestellen.