„Attends!“
Ich habe neulich ein Buch geliehen bekommen. „Warum französische Kinder keine Nervensägen sind“heißt es. Ein Beispiel für die beliebte Sportart weiblicher Autorinnen, einen Erziehungsratgeber zu schreiben, wenn ihnen sonst nichts mehr einfällt.
Weil mir in Erziehungsfragen oft auch nichts mehr einfällt, habe ich das Buch quergelesen. Die Franzosen, schreibt die Autorin, bringen ihren Kindern einfach früh bei, dass sie auch mal warten müssen. Besonders dann, wenn die Erwachsenen gerade einen Kaffee trinken wollen. Was in Frankreich ja mindestens zweimal am Tag zum guten Ton gehört. „Attends!“sagen sie dann bestimmt und die Kinder ziehen sich wortlos wieder zum Spielen zurück.
„Attends!“habe ich meinem Sohn also zugerufen, als er neulich seine spitzen Fingernägel in meinen Oberschenkel bohrte, während ich gerade Kaffee und Zeitung frönte. Er grinste mich nur fröhlich mit zwei Schneidezähnen an und bohrte die Fingernägel noch ein bisschen tiefer. „Attends!“, sagte ich nochmal etwas bestimmter. Woraufhin er sich den Kopf an der Tischkante anstieß und laut losheulte. Auch in anderen Situationen führte das Attends-Prinzip bisher zu spitzen Schreien, klirrend auf dem Küchenboden landendem Besteck und durch das Zimmer fliegendem Spielzeug.
Das mit dem Warten kann ja noch ein bisschen Warten, habe ich jetzt beschlossen. Und mir schon mal einen neuen Ratgeber zugelegt: „Erziehen ohne Ausrasten“. (dh)