„Genuss und gesund – keine Gegensätze“
Die vierten landesweiten Ernährungstage starten heute – Mittagstische im Fokus
TUTTLINGEN - Bewusster Genuss sowie die Wertschätzung für das Essen und regionale Lebensmittel im hektischen Alltag stehen bei den Ernährungstagen des Landkreises Tuttlingen im Mittelpunkt. Was es mit den Ernährungstagen auf sich hat und was gesunde Ernährung überhaupt beinhaltet, hat unsere Praktikantin Nele Fauser bei der Ernährungswissenschaftlerin Susanna Güttler vom Landwirtschaftsamt in Tuttlingen erfragt.
Frau Güttler, was steckt hinter der Idee der Ernährungstage?
Wir wollen berufstätigen Erwachsenen näherbringen, dass Genuss auch viel damit zu tun hat, bewusst zu essen. Gerade bei Berufstätigen fehlt oft die Zeit, und das Mittagessen wird zur Nebensache. Ein Schwerpunkt ist es auch, Essen mit allen Sinnen zu genießen. Dabei ist es uns aber wichtig, nicht mit dem erhobenen Zeigefinger auf die Menschen zu zeigen, sondern ihnen Ideen und Anregungen mitzugeben und sie auf die Vorzüge einer ausgewogenen Ernährung aufmerksam zu machen.
Was genau passiert bei den Ernährungstagen?
In der Zeit der Ernährungstage gehen wir mit unserer Wanderausstellung in verschiedene Kantinen. Dort wollen wir die Kantinenbesucher für das Thema sensibilisieren, informieren und ihnen Möglichkeiten zeigen, wie sie Genussmomente in ihren Alltag einbauen können. Außerdem gibt es in den jeweiligen Kantinen ein Aktionsgericht, bei dem wir darauf achten, dass es ernährungsphysiologisch ausgewogen und aus saisonalen und regionalen Zutaten – im besten Fall von Direktvermarktern hergestellt wird.
Welche mit? Unternehmen machen
Dieses Jahr arbeiten wir mit HenkeSass, Wolf, der Bundesakademie für musikalische Jugendbildung in Trossingen, Aesculap, und der Lebenshilfe Tuttlingen zusammen. Wir haben uns aber nicht speziell irgendwelche Unternehmen herausgepickt, sondern bei allen uns bekannten Kantinen angefragt. Da die Ernährungstage sich eher an Berufstätige richten, waren die Schulkantinen nicht inbegriffen.
Warum ist es wichtig, solche Ernährungstage zu veranstalten?
Unser Ziel ist es, die Themen Genuss und gutes Essen in den Mittelpunkt zu rücken. Wir hoffen, dass die Berufstätigen sich danach mehr Gedanken um ihre Ernährung machen und ihnen klar wird, dass Essen nicht nur Pflichtprogramm sondern auch Genusszeit ist.
Was genau ist denn gesunde Er- nährung, und wie wirkt sie positiv auf den Menschen?
Bei der Definition von gesunder Ernährung richten wir uns nach den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Eigentlich sind die meisten schon sehr gut informiert über Ernährung, es scheitert eher an der Umsetzung. Hier möchten wir ansetzen und die Menschen da abholen, wo sie stehen, um mit ihnen Lösungen zu finden. Jeder Mensch ist anders und braucht individuelle Genussmomente. Wir möchten keine Regeln vermitteln, sondern Anregungen. Trotzdem halten wir uns an die Grundempfehlungen, damit wir den Interessierten eine gute Rückmeldung geben können. Grundsätzlich wollen wir von dem Begriff „Gesundes Essen" hin zu „Gutem Essen".
Wie gesund sind Ernährungstrends wie zum Beispiel Low-Carb oder Veganismus?
Wenn sich Gäste an unseren Ständen über alternative Ernährungsweisen informieren möchten, dann geben wir ihnen gerne die Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung weiter. Bei einer veganen Lebensweise sollte man beispielsweise auf die Vitamin B12-Aufnahme achten, da pflanzliche Lebensmittel diesen Bestandteil weniger in sich tragen.
Inwiefern muss man mit zunehmendem Alter die Ernährung umstellen?
Jede Lebensphase erfordert eine andere Ernährungsweise. Die Empfehlungen richten sich dabei nach unterschiedlichen Faktoren wie Muskelmasse, Größe, Geschlecht und wieviel sich diese Person im Alltag bewegt.
Wie oft darf man „sündigen" und ungesunde Lebensmittel essen?
Das kommt darauf an, was man unter ungesund versteht. Eine Schokolade ist an sich ja nicht von Grund auf schlecht. Da liegt die Eigenverantwortung bei jedem selbst, jeder sollte für sich einschätzen können, wieviel von einem Lebensmittel ihm gut tut. Schaut man sich die Ernährungspyramide an, stehen die zuckerhaltigen, stark verarbeiteten Lebensmittel an der Spitze und sollten den kleinsten Anteil unserer Ernährung ausmachen.
Gibt es allgemeine Irrtümer was die Ernährung angeht?
Der größte Irrtum der Leute ist, dass Genuss und gesund nicht zusammenpassen. Genuss hat mit Sinnlichkeit, spricht mit allen Sinnen bewusst essen zu tun und nicht unbedingt mit ungesunder Ernährung. Wir sagen also: Kontrollierter Genuss bietet in keinster Weise einen Gegensatz zu gesundem oder gutem Essen.