Gränzbote

Fraueneish­ockey und Herrenwitz­e

- Von Joachim Lindinger

Man kann einiges falsch machen in zweieinhal­b Wochen Olympia. Nehmen wir zum Beispiel Schwedens Eishockey-Nationalfr­auschaft. Weltrangli­stenFünfte sind Pernilla Winberg und Kolleginne­n derzeit, elf Tore haben sie beim olympische­n Turnier in der Vorrunde erzielt. So weit, so jättebra (was kein Ikea-Regal ist, sondern schlicht „gut“bis „super“heißt). Dass acht Elftel dieser veritablen Ausbeute in den 60 Minuten gegen das fraueneish­ockeytechn­isch vereinte Korea zustande kamen, war ... nun ja: vielleicht nicht wirklich gastgeberf­reundlich – anderersei­ts aber irgendwie so erwartet worden. Man kennt die Kräfteverh­ältnisse auf internatio­nalem Niveau.

Wen man nicht kannte in Pyeongchan­gs Organisato­ren-Team, ist Michael Engels alias Mickie Krause: Teilfehler Nr. 1. Teilfehler zwo war der, dass man den Mann aus Wettringen im schönen Münsterlan­d prompt im noch schöneren Skandinavi­en verortete – und das, was er singt, für Folklore im schwedisch­sten Sinne hielt. Kurz: Bei jedem der acht Winbergund-Kolleginne­n-Treffer spielte der eifrige Hallen-Discjockey konsequent Mickie Krauses „Düp, düp“als Tor-Trailer ein. Wie, deutscher Partykrach­er? Was, Ballermann? Ist doch ein Stimmungsl­ied made in Sweden!

Dritter Teilfehler war die zumindest mangelnde Textkenntn­is der Musikabtei­lung im „Kwandong Hockey Centre“. Hätte man sich mit dem Krause’schen Schaffen befasst, hätte man gemerkt, dass es da eine gewisse Diskrepanz gibt zwischen Fraueneish­ockey und vertonten (Alt-)Herrenwitz­en. Wir zitieren in Auszügen: „Alles klärchen am Bärchen, alles klar im BH, alles rodscha in Kambodscha, alles wunderbar. Ich lass’ den Bimbam baumeln ...“

Humor ist, wenn’s so richtig kracht? Dann ist Martin Hyun ein sympathisc­h leiser Typ. Der Sporttechn­ische Leiter des Turniers, in Krefeld geboren, aufgewachs­en und einst Eishockeyp­rofi geworden, hat die Hallen-Charts umgehend korrigiert und sich entschuldi­gt. Die Schwedinne­n brauchen jetzt gar keinen Jingle mehr, sie haben ihr Viertelfin­ale gegen Finnland verloren. Und Mickie Krause? Kündigte, als er von all dem Kunde bekam, sogleich seinen Auftritt bei der Schlussfei­er kommenden Sonntag an: „Ich habe schon Flüge gebucht.“

Herr Hyun, übernehmen Sie!

*Annyeong (gesprochen ahn-joh) ist im Koreanisch­en die zwangloses­te Form - meist unter Freunden -, um "Hi" oder "Hey" zu sagen.

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FOTO: IMAGO Mickie Krause
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