Bei Aesculap sind Stellen auf Prüfstand
Neben Nachbesetzung geht es auch um eine andere Aufgabenverteilung.
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TUTTLINGEN - Die Zeit des Personalaufbaus beim Tuttlinger Medizintechnik-Unternehmen Aesculap scheint vorbei zu sein. Das ist jedenfalls aus dem Umfeld des Unternehmens zu hören. Anfang der vergangenen Woche hat der Vorstandsvorsitzende, Joachim Schulz, darüber das Executive Committee, die zweite Führungsebene, informiert, anschließend wurden laut Informationen unserer Zeitung deswegen die Führungskräfte zusammengerufen.
500 neue Stellen in fünf Jahren. Das ist die Entwicklung, die Aesculap in den Jahren 2012 bis 2017 unter der Führung des ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Hanns-Peter Knaebel genommen hat. Jetzt ging das Gerücht um, dass das Unternehmen 300 Arbeitsplätze abbauen will – und zwar durch freiwerdende Stellen, die nicht nachbesetzt werden sollen.
Kritische Prüfung der Stellen
„Das kann ich so nicht bestätigen“, sagt Felicitas Jansen, Vize-Präsidentin für Marketing und Kommunikation bei Aesculap, auf Nachfrage unserer Zeitung. Das Unternehmen schaue aber auf die Kostenentwicklung und könne aus der Perspektive heraus eine weitere Aufstockung der Belegschaft nicht fortführen: „Wir prüfen kritisch, ob eine Stelle nachbesetzt wird oder ob die Aufgaben auch anders verteilt werden können“, berichtet Felicitas Jansen. Das gelte vor allem für die Verwaltung.
Zudem bedeute der neue Tarifvertrag laut Felicitas Jansen in der Metall- und Elektrobranche mit einem Abschluss von 4,3 Prozent mehr Lohn und einer Einmalzahlung im kommenden Jahr (wir berichteten mehrfach) eine zusätzliche finanzielle Belastung. Das hatte auch schon Joachim Schulz bei der Mitgliederversammlung der Südwestmetall-Bezirksgruppe SchwarzwaldHegau in der vergangenen Woche in der Neuen Tonhalle in Villingen betont. Er sprach dabei von einer „schweren Hypothek für die Zukunft“für die Metall- und Elektrobranche.
Abbau von Überstunden
Auch an die Zeitkonten der Mitarbeiter, so ist aus dem Unternehmen zu hören, will die Geschäftsführung ran. So sollen bis Ende Oktober 50 Prozent der Überstunden abgebaut werden. Damit, so urteilt Walter Wadehn, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Albstadt, die auch für den Landkreis Tuttlingen zuständig ist, werde Druck auf die Produktivität ausgeübt. Schließlich müssten die Mitarbeiter ihre Arbeit in kürzerer Zeit abliefern. Und zudem müsste das Unternehmen weniger Rückstellungen für die vielen Überstunden der Mitarbeiter leisten: „Das ist schon eine Hausnummer“, meint Wadehn.
Der Gewerkschafter weist im Gespräch mit unserer Zeitung darauf hin, dass sich Aesculap dazu verpflichtet habe, 90 Prozent der Arbeitsplätze zu garantieren. Aus diesem Grund könnte das Gerücht um den Abbau von zehn Prozent der Stellen entstanden sein. „Kündigungen wird Aesculap nicht aussprechen“, ist sich Wadehn sicher. Sechs Prozent der Mitarbeiter würden sich derzeit in Altersteilzeit befinden. Das seien 50 Prozent mehr als im Tarifvertrag vereinbart seien.
„Das Unternehmen muss sich weiterentwickeln“sagt Felicitas Jansen. Zumal es gelte, ein paar Marktführerschaften zu verteidigen. „Wir müssen alles von links nach rechts drehen und das Unternehmen intelligent ausrichten“, betont sie.