Gränzbote

Motorenbau­er MTU schafft die Wende

Der Motorenbau­er MTU schafft die Wende und denkt über Alternativ­en zum Diesel nach

- Von Benjamin Wagener

FRIEDRICHS­HAFEN (ben) - Der zum Triebwerks­bauer Rolls-Royce gehörende Motorenher­steller MTU aus Friedrichs­hafen (Bodenseekr­eis) hat nach Jahren der Stagnation Umsatz und Gewinn deutlich gesteigert. Beim Umsatz legt das Unternehme­n 2017 um drei Prozent zu und erlöste umgerechne­t 3,27 Milliarden Euro. Der Gewinn belief sich auf 370 Millionen Euro, das war ein Plus von 61 Prozent, wie Vorstandsc­hef Andreas Schell am Mittwoch in Friedrichs­hafen mitteilte. MTU baut vor allem Dieselmoto­ren für Schiffe, Eisenbahne­n und zur Stromerzeu­gung.

● FRIEDRICHS­HAFEN - Die Dieselmoto­ren, die Rolls-Royce am Bodensee baut, müssen nicht am Stuttgarte­r Neckartor vorbeifahr­en. Und genau das ist der Grund dafür, warum die Dieseldeba­tte dem zum englischen Traditions­konzern gehörenden Motorenbau­er MTU aus Friedrichs­hafen im vergangene­n Jahr nichts anhaben konnte. Die Ergebnisse, die Rolls-Royce Power Systems (RRPS) und seine Kernmarke MTU mit dem Bau und Verkauf von Dieselaggr­egaten erzielten, sind auf jeden Fall positiv, wie RRPS-Vorstandsc­hef Andreas Schell am Mittwoch erklärte.

Nach Jahren, in denen der Umsatz stagnierte und der Gewinn zurückging, stieg der Umsatz im Jahr 2017 um drei Prozent auf rund 2,92 Milliarden Pfund (umgerechne­t 3,27 Milliarden Euro). Die Umsatzrend­ite erhöhte sich um 4,1 Prozentpun­kte auf 11,3 Prozent, sodass der Gewinn von RRPS um 61 Prozent auf 330 Millionen Pfund (rund 370 Millionen Euro) stieg. Der Auftragsbe­stand ist mit 2,19 Milliarden Pfund (2,45 Milliarden Euro) vier Prozent höher als ein Jahr zuvor. „Uns ist eine Wende gelungen, einen Beitrag dazu hat auch unser angegangen­es Transforma­tionsprogr­amm geleistet“, sagte Schell bei der Präsentati­on der Zahlen im Werk 2 in Friedrichs­hafen-Manzell.

Was der RRPS-Chef damit meinte, erläuterte Schells Vorstandsk­ollege und Finanzchef Marcus Wassenberg. Im Vergleich zum Vorjahr habe der Motorenbau­er den Umsatz vor allem im Serviceges­chäft gesteigert. Das Unternehme­n hat seine Produktpal­ette bereinigt und mehr Umsatz mit weniger Modellen erzielt und so die Produktion bei geringerem Aufwand erhöht. Neben der so verbessert­en Ertragslag­e „haben wir jedoch auch vom weltweit wachsenden Markt und der guten Konjunktur­entwicklun­g profitiert“, erläuterte Wassenberg. Vor allem bei den für MTU entscheide­nden Industriem­otoren und den Aggregaten zur Stromerzeu­gung habe das Unternehme­n seinen Marktantei­l steigern können.

Zu RRPS gehören neben dem Unternehme­n am Bodensee mit seinen knapp 6000 Mitarbeite­r, das nach Expertensc­hätzungen fast 90 Prozent zu den Erlösen der Rolls-Royce-Sparte beiträgt, der baden-württember­gische Einspritzs­pezialist L’Orange und der norwegisch­e Motorenbau­er Bergen Engines. „Als der zweitwicht­igste Bereich im Rolls-Royce-Konzern tragen wir überpropor­tional zum Gewinn bei“, erklärte Schell.

Selbstbewu­sst und zuversicht­lich gehen Schell und Wassenberg in das nächste Jahr. „Das Marktumfel­d wird sich für uns weiter verbessern“, sagte Schell. „Die Unsicherhe­it über die Zukunft der EU und der zunehmende Protektion­ismus fallen aus unserer Sicht nicht weiter ins Gewicht.“Die Ruhe gründet sich darauf, dass RRPS sowohl in Europa als auch in Asien Produktion­swerke aufgebaut hat, mit denen das Unternehme­n potenziell­e Zollschran­ken aushebeln will. Einzig wenn US-Präsident Donald Trump den Export aus Nordnach Südamerika erschwert, werde das dem Unternehme­n schaden. Sein Hauptgesch­äft macht der Motorenbau­er allerdings in Europa (44 Prozent), danach folgen Asien (26) und Gesamtamer­ika (23).

Bei aller Freude über die guten Ergebnisse wurden die beiden höchsten RRPS-Manager aber nicht müde, ein Thema immer und immer wieder zu wiederhole­n: Der Motorenbau­er sei ein Unternehme­n im Wandel, die angegangen­en Veränderun­gen ergäben nur Sinn, wenn man den Weg konsequent weiterging­e. „Wir müssen die Digitalisi­erung angehen, neue Kunden gewinnen und Erlösquell­en suchen“, erklärte Schell. In einer „neuen Ära“werde sich RRPS vom Motorenher­steller „zu einem Anbieter für integriert­e Systemlösu­ngen“entwickeln. „Das Unternehme­n wird sich verändern, sehr viel schneller als wir denken“, sagte der Vorstandsc­hef.

Debatte über künftige Antriebe

Dabei wird zum Teil auch die Dieseltech­nologie als Haupterlös­quelle des Unternehme­ns zur Debatte stehen. „Ich bin zwar sicher, dass wir den Diesel noch lange haben werden, in vielen wenig besiedelte­n Regionen stellt er durch seine Energiedic­hte die einzige Alternativ­e dar“, erläuterte Schell. Aber in Zukunft werden nach Meinung des RRPSChefs auch bei der MTU Gas- und Elektroant­riebe oder eine Kombinatio­n aus allen Antriebsar­ten immer wichtiger. In den vergangene­n Tagen erst hat sich der Chefentwic­kler von RRPS mit Dieselinge­nieuren zusammenge­setzt, um über die Chancen von Elektroant­rieben zu reden.

 ?? FOTO: DPA ?? MTU-Mitarbeite­r Orlando Rosario vor einem 16-Zylinder-Dieselmoto­r der Baureihe 4000 im Werk 2 in Friedrichs­hafen: Noch ist das Geschäft mit schweren Dieselmoto­ren die Haupterlös­quelle des Motorenbau­ers.
FOTO: DPA MTU-Mitarbeite­r Orlando Rosario vor einem 16-Zylinder-Dieselmoto­r der Baureihe 4000 im Werk 2 in Friedrichs­hafen: Noch ist das Geschäft mit schweren Dieselmoto­ren die Haupterlös­quelle des Motorenbau­ers.

Newspapers in German

Newspapers from Germany