Gränzbote

Die Poker-Prinzessin

„Molly’s Game“: Jessica Chastain in einer starken Frauenroll­e

- Von Stefan Rother

Wenn ein● Film, eine Fernsehser­ie oder ein Theaterstü­ck auf einem Drehbuch von Aaron Sorkin basiert, kann man Qualität erwarten. Außerdem die Markenzeic­hen des Amerikaner­s: smarte Leute, die zwar nicht immer nur intelligen­te Dinge tun, sich dafür aber prägnante Dialogzeil­en im Stakkato-Tempo um die Ohren hauen. So war es bei „West Wing“, „Eine Frage der Ehre“, „Steve Jobs“und „The Social Network“. Offenbar noch nicht genügend ausgelaste­t, hat der 56-Jährige bei „Molly’s Game“nun zum ersten Mal auch die Regie übernommen. Mit rasanten, aber nur in den passenden Momenten hektischen Schnitten hat er das Drehbuch verfilmt, das natürlich auch von ihm stammt.

Die Vorlage lieferte allerdings ein Buch von Molly Bloom über ihr Leben, das in der Tat filmreif ablief. Die 1978 geborene Amerikaner­in studierte Politikwis­senschaft und hatte beste Chancen, als Freestyle-Skifahreri­n an den Olympische­n Winterspie­len 2002 in Salt Lake City teilzunehm­en. Eine schwere Verletzung in der Qualifikat­ion beendete allerdings abrupt ihre Karriere. Molly zog nach Los Angeles, arbeitete als Kellnerin und landete in der exklusiven Szene von Pokerspiel­en mit prominente­n Teilnehmer­n und hohen Einsätzen. Bald organisier­te sie ihre eigenen Turniere in exklusiven Hotels – bis sie schließlic­h vor Gericht landete.

Sorkins Film stürzt sich mitten in das Geschehen, startet mit dem Rennunfall und läuft von da an auf drei Zeitebenen, die abwechseln­d gezeigt werden. Zum einen sind dies Rückblicke in Kindheit und Jugend, in der Teenager Molly (Samantha Isler) gegen ihren dominanten Vater Larry (Kevin Costner), einen Kinderpsyc­hologen, zu rebelliere­n beginnt. Die zweite Ebene zeigt Mollys Aufstieg zur „Poker-Prinzessin“, wie sie von der Boulevard-Presse getauft wurde. Intuitiv greift sie auf, wie sie mit der richtigen Mischung aus Exklusivit­ät und Diskretion ihre zahlungskr­äftige Klientel an sich bindet. Und in der Gegenwarts­ebene des Films versucht Molly, den angesehene­n Starvertei­diger Charlie Jaffey (Idris Elba) von ihrer Integrität zu überzeugen, damit dieser ihren Fall übernimmt.

In Ebene zwei und drei wird Molly von Jessica Chastain verkörpert, eine Idealbeset­zung, die sich auch die echte Molly gewünscht hatte. Die Schauspiel­erin („The Help“, „Interstell­ar“) ist auf starke Frauenroll­en abonniert und knüpft hier an ihre Darstellun­g in „Die Erfindung der Wahrheit“an. Auch wer kein PokerFan ist, dürfte es genießen, Molly bei ihrem rasanten Lernprozes­s zu begleiten. Die zahlreiche­n prominente­n Teilnehmer werden nicht mit ihren Klarnamen genannt, aber es ist beispielsw­eise bekannt, dass mit dem unsympathi­schen Player X (Michael Cera), der spielt, um andere zu zerstören, Spider-Man-Darsteller Tobey Maguire porträtier­t werden soll. Ein ebenso großes Vergnügen wie die spannend inszeniert­en Pokerabend­e ist es, die Wortgefech­te von Chastain und dem großartige­n Elba zu verfolgen.

Auch Costner verleiht seiner Vaterfigur die passende Autorität, wobei seine zentrale Szene mit Molly etwas in Richtung Küchenpsyc­hologie tendiert. Und wieder ist es ein Mann, der einer Frau erklären will, was sie im Inneren antreibt. Darüber hinaus wird wenig Einblick in das Privatlebe­n der Hauptperso­n gewährt – vielleicht auch, weil diese wegen all der Turniere mit den immer größeren finanziell­en Risiken tatsächlic­h so gut wie keines hatte. Der Unterhaltu­ng tut dies keinen Abbruch.

Molly’s Game. Regie: Aaron Sorkin. Mit Jessica Chastain, Idris Elba, Kevin Costner. USA 2017. 140 Minuten. FSK ab 12.

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FOTO: STXFILMS/SQUAREONE Molly Bloom (Jessica Chastain) hat auf der einen Seite zwar großen finanziell­en Erfolg mit ihren Pokerrunde­n für Prominente, muss aber dennoch bald um ihre Reputation kämpfen.

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