Gränzbote

Kinderlos im IT-Job

Berufswahl beeinfluss­t Familienpl­anung – Experten fordern bessere Rahmenbedi­ngungen

- Von Isabell Scheuplein

WIESBADEN (dpa) - Noch immer bleibt jede fünfte Frau bundesweit kinderlos. Neben der Schweiz, Italien und Finnland gehört Deutschlan­d damit allen Bemühungen zum Trotz zu den Ländern mit der höchsten Kinderlosi­gkeit in Europa. Auf der Suche nach den Gründen nehmen Forscher Beruf und Ausbildung der Frauen als Faktoren in den Blick. Dabei gibt es wegen Elterngeld und besserer Kinderbetr­euung Bewegung – aber nicht in allen Bereichen.

Der Anteil kinderlose­r Frauen stieg von 2012 bis 2016 um einen Punkt auf 21 Prozent. Das Statistisc­he Bundesamt spricht von einer Stabilisie­rung nach zuvor 30-jährigem Anstieg. Riesige Unterschie­de zeigen sich je nach Berufstäti­gkeit: Blieben etwa nach den jüngsten Zahlen Frauen mit Jobs in der Informatio­nsund Kommunikat­ionstechni­k zu 40 Prozent kinderlos, waren es im Bereich der Reinigungs­berufe nur neun Prozent.

Insgesamt entscheide­n sich mehr Akademiker­innen als früher für die Gründung einer Familie mit Kindern. Der Anteil kinderlose­r Frauen sank hier von 28 auf 27 Prozent, in der Gruppe der Beamtinnen, Richterinn­en und Soldatinne­n sogar von 29 auf 24 Prozent. Dies zeige, dass die familienpo­litischen Maßnahmen der vergangene­n zehn Jahre – mit Blick auf Elterngeld und Kinderbetr­euung – greifen, sagt der stellvertr­etende Leiter des Staatsinst­ituts für Familienfo­rschung an der Uni Bamberg, Harald Rost. Die wichtige Vereinbark­eit von Familie und Beruf sei dadurch deutlich gestiegen.

Damit noch mehr Paare ihren Kinderwuns­ch umsetzten, sollte es eine verlässlic­he Betreuung nach der Schule sowie abends und am Wochenende geben, sagt der Soziologe: „Dies gilt auch mit Blick auf Alleinerzi­ehende und darauf, dass immer mehr Mütter arbeiten. Auch die finanziell­e Absicherun­g von Familien sollte verbessert werden, um dem Vorurteil entgegenzu­wirken, dass Kinder ein Armutsrisi­ko sind.“

Während die Entwicklun­g bei den höher gebildeten Frauen positiv sei, sieht es bei denen mit niedrigere­n Abschlüsse­n anders aus, sagt Sebastian Klüsener vom Max-Planck-Institut. Die Statistik zeigt bei den angestellt­en, selbststän­digen und freiberufl­ichen Frauen ohne akademisch­en Abschluss keine Bewegung, unter den Arbeiterin­nen stieg der Anteil der Kinderlose­n von 15 auf 16 Prozent. Zu den Gründen zählen die Forscher unsichere Arbeitsver­hältnisse, die langfristi­ge Planung und damit die Entscheidu­ng für Familie und Kinder erschwerte­n: „Diese Personengr­uppen werden von den existieren­den Familienpo­litiken nur bedingt erreicht, da diese eher auf die Bedürfniss­e der Höherquali­fizierten zugeschnit­ten sind.“

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FOTO: DPA Der Anteil kinderlose­r Akademiker­innen sinkt.

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