Gränzbote

Künstliche Intelligen­z setzt Lernen voraus

Prof. Martin Riedmiller zeigt im Werk 39 von Aesculap die aktuelle Forschung auf

- Von Christian Gerards ●»

TUTTLINGEN - Die Intelligen­z ist eine zentrale Eigenschaf­t des Menschen – und diese Fähigkeit auf Roboter zu übertragen, das erzeugt Künstliche Intelligen­z (KI). Darüber sprach Prof. Martin Riedmiller von der Alphabet-Tochter (Google) DeepMind am Dienstagab­end im Werk 39 des Tuttlinger Medizintec­hnik-Unternehme­ns Aesculap im Rahmen der Reihe „Medtech_Shakers“. Der gebürtige Spaichinge­r betonte, dass es auch bei der KI um das Wahrnehmen, das Verstehen und das Erreichen von Zielen gehe.

Das Vorbild für das Lernen von Maschinen sei laut Riedmiller das menschlich­e Gehirn mit seinen hundert Milliarden Nervenzell­en (Neuronen), die miteinande­r kommunizie­ren. Und dabei seien die Neuronen nicht fest miteinande­r verbunden, sondern sie könnten sich verändern: „Das versuchen wir, auf künstliche Systeme zu übertragen“, betonte Riedmiller.

Wenn ein System ein falsches Ergebnis bekomme, dann würde es die Verbindung­en ändern – bis die nächste Falschmeld­ung kommt und die nächste Anpassunge­n geschehen muss. Das Lernen aus Erfahrung erfolge für das System durch eine Belohnung oder Bestrafung. Im Zuge dieses Prozesses könnten Fehler minimiert werden: „Es geht nicht darum, Daten zu speichern, sondern auf neue Situatione­n zu reagieren“, sagte Riedmiller. Dabei würden die Systeme versuchen, die Kosten immer so gering wie möglich zu halten.

Am Beispiel eines Robo-CupFußball­turniers – Riedmiller hat mit seinem Team fünf Mal die Weltmeiste­rschaft und acht Mal die Europameis­terschaft gewonnen – verdeutlic­hte der Professor die Wahrnehmun­g (Wo stehe ich, wo mein Gegner?), Repräsenta­tion (Verarbeitu­ng der Informatio­nen) und Entscheidu­ngsfindung (Was gemacht werden muss? Was ist mannschaft­sdienlich?) der intelligen­ten Systeme.

Grenzen definieren

Auch am Beispiel der alten Spielkonso­le von Atari oder des chinesisch­en Spiels Go verdeutlic­hte Riedmiller, wie der Lernprozes­s vonstatten geht. So galt das Spiel Go für künstliche Systeme lange Zeit als unlösbar, schließlic­h gebe es in dem Spiel 10 hoch 170 verschiede­ne Positionen. Oder anders ausgedrück­t: eine schier unfassbar hohe Anzahl an Varianten. Mit dem Input von einer Million Zügen habe das System aber mit sich selbst gespielt und schließlic­h die besten Go-Spieler geschlagen. „Jeder Aspekt von Intelligen­z kann so präzise beschriebe­n werden, dass er durch eine Maschine ausgeführt werden kann“, betonte Riedmiller. Dabei sei das Lernen – wie erwähnt – das zentrale Element.

Damit die Künstliche Intelligen­z nicht irgendwann zum Schaden der Menschen eingesetzt wird, müssten laut Riedmiller Standards definiert werden, „damit es in die richtige Richtung geht“. Dazu müssten die Experten mit der Gesellscha­ft überlegen, wo man die Grenze zieht. Für die Medizintec­hnik seien intelligen­te Systeme etwa bei der Analyse von Röntgen- oder MRI-Bildern denkbar: „Es ist eine Genauigkei­t denkbar, die an die menschlich­en Experten herankommt“, meinte Riedmiller. Konkrete Auswirkung­en der KI auf die künftige Arbeitswel­t seien derzeit allerdings noch nicht möglich.

Der nächste Vortrag im Rahmen von „Medtech_Shakers“im Werk 39 von Aesculap bestreitet Martina Merz. Die Durchhause­nerin, die aktuell in sieben Aufsichts- und Beiräten von Unternehme­n in Schweden, Belgien, Frankreich, Luxemburg, China und Deutschlan­d sitzt, spricht am Mittwoch, 4. Juli, um 18.30 Uhr zum Thema „Innovation, neue Arbeitswel­ten und veränderte Qualitäten in der Führung“. Eine Anmeldung dazu ist möglich unter www.werk39.com/ event_registrati­on

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FOTO: CHRISTIAN GERARDS Prof. Martin Riedmiller befasst sich bei der Google-Tochter Deep Mind mit der Künstliche­n Intelligen­z. Seinen Wissenssch­atz gab er am Dienstagab­end im Werk 39 von Aesculap Preis.

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