„Es ist nicht im Verborgenen geschehen“
Tuttlinger Delegation zeigt sich beim Besuch der KZ-Friedhöfe in Schörzingen und Schömberg betroffen
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TUTTLINGEN/SCHÖMBERG - Eine Tuttlinger Delegation hat am Dienstagnachmittag den KZ-Friedhof in Schörzingen, den Gedenkpfad Eckerwald sowie den Lernort mit dem KZ-Friedhof in Schömberg besucht. Immer wieder war von den Teilnehmern zu hören, dass ihnen das Ausmaß der nationalsozialistischen Greueltaten in Schömberg nicht bekannt gewesen sei.
„Das war ein sinnloses Projekt“, sagte Brigitta Marquardt-Schad von der Initiative Gedenkstätte Eckerwald. Häftlinge aus dem Konzentrationslager Natzweiler-Struthof sollten in Schömberg ab September 1944 in einer Schieferölfabrik helfen, die Treibstoffkrise des Dritten Reichs in den Griff zu bekommen. Die Anlage gehörte zum „Unternehmen Wüste“. Insgesamt gab es entlang der Bahnlinie Tübingen-Rottweil sieben solcher Außenlager.
In dem Lager, dass ursprünglich für 200 Menschen konzipiert war, lebten zwischenzeitlich 1079 Menschen. Auf dem KZ-Friedhof in Schörzingen liegen 485 Menschen von 13 Nationalitäten begraben. Nur einer der Verstorbenen wurde nach dem Kriegsende überführt. Die Ehrenhalle sei laut Brigitta MarquardtSchad im Jahr 1947 von den Franzosen in Auftrag gegeben worden. Bereits 1945 hatten sie von ehemaligen KZ-Häftlingen den Hinweis bekommen, dass es ein Massengrab gibt.
Zunächst seien die Toten aus Schömberg von den Nationalsozialisten ins Krematorium nach Schwenningen gebracht worden. Doch da es zu viele waren, verscharrte die SS sie schließlich in dem Massengrab. Die Leichen wurden nach dem Krieg von den Franzosen exhumiert. „Der Bevölkerung war es verboten, mit den Häftlingen zu sprechen. Es ist nicht im Verborgenen geschehen“, sagte Brigitta Marquardt-Schad.
Nach dem Besuch des Friedhofs ging es für die Tuttlinger Delegation weiter zum Gedenkpfad Eckerwald. Dort besichtigte sie die Überreste der Schieferölfabrik, die mitten im Wald liegt. Dort ist auch das Mahnmal des „Geschundenen Häftlings“des Rottweiler Bildhauers Siegfried Haas zu finden. „Die Hölle entspringt aus uns Menschen, wenn wir Fremde und Gedrückte allein lassen, wenn wir den Nachteil fliehen, wenn wir um jeden Preis den Vorteil für uns nehmen“, steht an der Bronzeskulptur.
OB Beck: „Wir haben eine vorbildliche Erinnerungskultur“
„Wir haben in der Stadt eine vorbildliche Erinnerungskultur gemacht“, sagte Tuttlingens Oberbürgermeister Michael Beck. Begonnen habe diese mit dem Gedenkpfad zum Lager Mühlau. Eine Fortsetzung habe diese mit der Verlegung der Stolpersteine des Kölner Künstlers Gunter Demnig erfahren. Auch die Benennung des Platzes an der Dammstraße in Julius-Fröhlich-Platz, der an den 1938 emigrierten jüdischen Viehhändler erinnert, gehöre dazu.
Dessen Sohn, Amos Fröhlich, hat die Stadt eingeladen, zum 80-jährigen Bestehen der Ansiedlung Schavei Zion nach Israel zu kommen. Er selbst feiert, nicht wie am Mittwoch irrtümlich berichtet, seinen 80 Geburtstag, sondern er hat im Januar schon das 88. Lebensjahr erreicht. Eine Tuttlinger Delegation besucht vom 12. bis 15. April Israel. Der Besuch von Schömberg diente auf Wunsch des Gemeinderats als Vorbereitung für die Reise.