„In Deutschland kommt es nicht soweit“
Michael Maurer, Leiter der Schillerschule, zur Diskussion um bewaffnete Lehrer in den USA
SPAICHINGEN - US-Präsident Donald Trump verblüfft die Welt tagtäglich mit seinen gedanklichen Kapriolen. Jüngst hat aber sogar er den Vogel abgeschossen: Seit Wochen diskutiert die amerikanische Öffentlichkeit darüber, ob Lehrer an USSchulen bewaffnet werden sollen, um die Gefahr von Amokläufen an Schulen wie dem jüngsten in Parkland/Florida zu verringern. Redakteur Michael Hochheuser hat sich mit dem Leiter der Spaichinger Schillerschule, Michael Maurer, darüber unterhalten, was er von derlei Plänen hält.
Wie beurteilen Sie die in den USA offenbar weiterhin nicht schwindende Cowboy-Mentalität in der Manier des Wilden Westens?
Ich denke mir, wie seltsam anders doch die Mentalitäten und die zivilen Traditionen in Amerika und Europa sind. Denn nicht nur Donald Trump denkt ja so, der Gedanke wird ja auch von der Waffenlobby NRA weitertransportiert. Hier kann jeder nur den Kopf schütteln über die Idee, Lehrer zu bewaffnen, um Amokläufern entgegenzutreten – in den USA ist das nicht so. Für viele Amerikaner wäre das ein akzeptabler Schritt. In den USA werden Waffen mit Freiheit gleichgesetzt, in Europa mit Mord, weil der Kontinent durch viele Kriege geprägt ist.
Wie stehen Sie konkret zu dem Vorschlag Trumps, einen Teil der Lehrer mit Waffen auszurüsten, die damit einen möglichen Angriff „schnell beenden“könnten?
Warum bewaffnen wir dann nicht gleich die Schüler? Es ist ein Trugschluss der Amerikaner, man könne mit Waffen Waffen bekämpfen. Das darf schon gar nicht an einer Schule der Fall sein. Man muss sich mögliche Folgen vorstellen: Etwa, einem Lehrer geht es schlecht, er rastet aus und knallt die ganze Klasse nieder. Welche Lehrer würden sich denn bewaffnen? Es wären doch die, die Angst haben, und die ziehen die Waffe dann auch.
Befürchten Sie, dass solche Ideen von den Vereinigten Staaten nach Europa herüberschwappen könnten?
Die Gefahr sehe ich nicht. Die Mentalität, dass alle Welt glaubt, sich bewaffnen zu müssen, entspricht nicht unserer zivilen Tradition. Das wäre ein Rückschritt für Europa. In Deutschland wird es nicht so weit kommen. Ich bin froh, dass in unserem Land noch große Hürden vor dem Erwerb einer Waffe stehen. Wenn wir unsere Schulen hochrüsten würden, bräuchten wir keinen Unterricht mehr zu machen.
Wie sieht es an der Schillerschule aus? Wenn schon Spaichinger Lehrer sich auf absehbare Zeit nicht bewaffnen müssen – kommt es denn vor, dass Schüler Waffen dabei haben?
Es gibt solche Vorfälle immer wieder mal an Schulen in größeren Städten. Auch bei uns geschieht es schon mal, dass ein Schüler ein neues Taschenmesser Mitschülern auf dem Pausenhof präsentiert. Wenn wir das mitkriegen, nehmen wir ihm das Messer ab und laden die Eltern zum Gespräch. Die Gefahr eines Nachahmeffekts bei anderen Schülern ist einfach zu groß. Es ist grundsätzlich verboten, auf dem Schulgelände Waffen mitzuführen. Wir untersagen es den Kindern auch, an der Fasnacht Spielzeugpistolen oder Plastikschwerter in der Schule dabei zu haben.