Hausarzt für Rietheim-Weilheim gesucht
Dr. Hartmut Arleth schließt Praxis im Sommer - Fünf Wege für schnelle Lösung erarbeitet
RIETHEIM-WEILHEIM - Die Suche nach einem Nachfolger für den Hausarzt Dr. Hartmut Arleth in Rietheim-Weilheim läuft auf Hochtouren – doch bisher ohne Erfolg. Der Arzt, der seit 31 Jahren in der Gemeinde Patienten behandelt, schließt zum 30. Juni aus Altersgründen seine Praxis. Nun hat die kommunale Gesundheitskonferenz des Landkreises fünf Ansätze erarbeitet, mit denen vielleicht ein neuer Arzt gefunden werden kann.
Mit dem Programm Donau Docs, ärztlichen Weiterbildungen und diversen Modellprojekten versucht der Landkreis Tuttlingen, mittel- und langfristig die ärztliche Versorgung in der Region zu sichern. Im Fall des Rietheim-Weilheimer Hausarztes Dr. Arleth greifen die Projekte allerdings nicht.
Die Zeit drängt zu sehr. In weniger als vier Monaten schließt die Praxis. „Wir brauchen fertig ausgebildete Ärzte, alles andere dauert zu lange“, sagt Dietmar Pommer, Geschäftsführer der kommunalen Gesundheitskonferenz des Landkreises, der bei der Suche nach Nachfolgern unterstützt und Kontakte vermittelt.
Hoffen auf Rückkehrer
Deshalb wurden fünf verschiedene Alternativen ausgearbeitet, die auf die Schnelle eine Lösung bringen könnten. Möglichkeit eins: Berufsrückkehrer. Pommer berichtet, dass einige Ärzte in Baden-Württemberg zwar als Arzt ausgebildet, aber nicht in dem Beruf tätig seien. Über die Landesärztekammer könnte ein Kontakt entstehen. Möglichkeit zwei: ausländische Ärzte, die in die Region ziehen. Die Prüfung der ärztlichen Zulassung liegt beim Regierungspräsidium Stuttgart und der Landesärztekammer.
Möglichkeit drei: deutsche Ärzte, die aussiedeln wollen. Kontakte könnte der Auslandsdienst der Bundesärztekammer herstellen. Möglichkeit vier: Anfrage über Arbeitsagenturen. Pommer berichtet, dass es auch arbeitslose Ärzte gebe, die vielleicht schnell gewonnen werden könnten. Möglichkeit fünf: Ärztevermittlungsagenturen, bei denen man ein Arztgesuch aufgeben könne.
Wie groß die Chance ist, mit Hilfe von einem der fünf Wege einen geeigneten Nachfolger zu finden, weiß Pommer nicht. „Uns fehlen die Erfahrungswerte“, begründet er. Anfang März seien die fünf Möglichkeiten dem Hausarzt vorgestellt worden. Der Kontakt zu Dr. Arleth und Rietheim-Weilheims Bügermeister Jochen Arno sei eng.
Dass der einzige Hausarzt der Gemeinde seine Praxis schließen will, kommt nicht überraschend. „Das hat er schon früh angekündigt“, sagt Arno. Seit vier oder fünf Jahren seien sie schon im Gespräch. Unternommen habe man allerdings nichts. Man sei zuversichtlich gewesen, einen neuen Hausarzt für die Gemeinde mit 2700 Einwohnern zu finden.
Nun sieht die Situation anders aus: Arno berichtet, dass die Gemeinde seit vergangenem Sommer intensiv nach einem Nachfolger suche. Zunächst hat es auch gar nicht schlecht ausgesehen. Anfang Februar sagte der Bürgermeister in der Gemeinderatssitzung, dass er sich in Gesprächen mit Ärzten befinde. Rund vier Wochen später, in der nächsten Sitzung des Gemeinderats, war klar: Die Suche beginnt von vorne. Die Übernahme der Praxis sei gescheitert, informierte Arno. Der Interessent habe sich umentschieden.
Für ihn sei das nicht nachvollziehbar, sagte er in der Sitzung. Der Interessent wäre seitens der Gemeinde auch finanziell unterstützt worden, ergänzt er im Gespräch mit unserer Zeitung. Inwiefern, das ließ der Bürgermeister offen. Er habe gedacht, es lohne sich, eine gut gehende Praxis zu übernehmen. Förderprogramme in der Region würden Einsteigern zwischen 25 000 und 30 000 Euro Startkapital auf Anhieb bieten, sagt der Bürgermeister.
Dass sich die Nachfolgersuche so schwierig gestaltet, „ist ein generelles Problem. Das hat nichts mit Rietheim-Weilheim zu tun“, ist Arno überzeugt. Das belegt auch eine Studie des Bonner Forschungs- und Beratungsinstituts Quaestio, das ein Modellprojekt zur Sicherung der ambulanten Versorgung in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg initiiert hat und in dem Rietheim-Weilheim Mitglied ist.
Das Institut hat unter anderem die ärztliche Versorgung im Landkreis Tuttlingen analysiert. Ergebnis: Knapp 58 Prozent der befragten Ärzte gehen davon aus, dass die Suche nach einem Nachfolger „eher schwierig“wird. Pessimistischer sind rund 29 Prozent. Sie denken, die Chance, einen Nachfolger zu finden, ist „fast unmöglich“, was wiederum erhebliche Konsequenzen für Patienten nach sich zieht.
KV ist pessimistisch
Auf Anfrage schreibt die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg: „Trotz aller Anstrengungen zeichnet sich ab, dass wir im ländlichen Raum nicht immer für alle Praxen einen Nachfolger finden können. Für die Patienten bedeutet das, dass sie leider zukünftig möglicherweise einen längeren Weg zum Arzt in Kauf nehmen müssen.“
Mittlerweile hätten sich etliche Patienten des Rietheim-Weilheimer Hausarztes nach Alternativen umgeschaut, erzählt Arno. Wie die Arztpraxen um Rietheim-Weilheim ausgelastet sind, kann Pommer nicht sagen. Diese Informationen würden ihnen nicht übermittelt. Aktuell behandelt Dr. Arleth zwischen 800 und 900 Patienten pro Quartal heißt es seitens der Hausarztpraxis und weiter: „Eine Lösung muss von öffentlicher Stelle kommen. Der freie Markt gibt das nicht her.“