Gränzbote

Zahnpastab­rot mit Hustensaft

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Kulinarisc­he Vorlieben von Kindern zu verstehen, ist mitunter eine Herausford­erung. Dass sie Schnitzel und Fischstäbc­hen lieben, ist ja noch einigermaß­en nachvollzi­ehbar – weil die Panade so schön knuspert. Pizza kommt meistens auch ganz gut an – weil man sie mit den Fingern essen darf. Manchmal wird's aber regelrecht abenteuerl­ich. So erinnere ich mich an ein Mädchen, das ihren mit Rosinen gespickten Hefezopf mit Wonne in Ketchup getunkt und dann genüsslich verspeist hat. Wurstbrot mit Honig? Spaghetti mit Marmelade? Pommes mit Erdbeerjog­hurt? Alles schon gesehen. Bei Kindern von Fremden natürlich. Die eigenen essen selbstvers­tändlich ganz normal, lieben die Abwechslun­g und insbesonde­re alles, was frisch und gesund ist. Ok, dieser ursprüngli­che Plan ist bis jetzt nur beinahe aufgegange­n. Eigentlich überhaupt nicht, aber lassen wir das...

Der Fünfjährig­e liebt Schnitzel, Spätzle mit Soß' und Leberwurst­brot. Dass ganz oben auf der Hitliste Schokolade steht, versteht sich von selbst. Leicht irritiert war ich, als der Junior neulich allen Ernstes behauptete, dass er eine neue Nummer eins habe: seinen Hustensaft! Einen draufgeset­zt hat er ein paar Tage später beim abendliche­n Zähneputze­n: „Ich liiiiieeee­be Zahnpasta! Die schmeckt noch viel besser als Hustensaft und Schokolade!“Normal ist das vermutlich nicht, aber ich stelle fest: Es hätte schlimmer kommen können. Jetzt warte ich auf die Bestellung fürs nächste Kindergart­envesper: „Einmal Zahnpastab­rot mit Hustensaft, bitte!“(li)

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