Gränzbote

Das Überthema heißt Umgang mit Vielfalt

Inklusion, aber auch ganz „normales“Lernen, erfordert hohe Flexibilit­ät – und Ruhe

- Von Regina Braungart

SPAICHINGE­N - Lernen in der großen Gruppe? Akzeptiere­n, dass es lernstärke­re und lernschwäc­here Schüler gibt? Das sind zwei der Hauptknack­punkte für ein gelungenes inklusives Lernen von Kindern mit besonderem Förderbeda­rf in Regelschul­en. Das hat eine kleine Umfrage bei den Rektoren der Wehinger Schlossber­gschule, der Lemberschu­le in Gosheim und der Aldinger Gesamtschu­le ergeben.

Die Wehinger Schlossber­gschule, eine Grund- und Werkrealsc­hule, bietet Inklusion schon im fünften Jahr an und das, obwohl das entspreche­nde Gesetz, das den Rechtsansp­ruch festschrei­bt, erst seit 2015 in Kraft ist. In diesem Jahr, mit nun zehn Inklusions­schülern, sei die Schule auch ordentlich mit Lehrern versorgt. Miteinande­r gelinge es, auch die Inklusion zu erfüllen.

Mit einem Aber: Wenn ein Kind das Lernen in der großen Gruppe nicht aushält, wird den Eltern angeraten, es im SBBZ (Sonderpäda­gogisches Bildungs- und Beratungsz­entrum, so heißen die Förderschu­len heute) lernen zu lassen, berichtet der Wehinger Rektor Berthold Stehle auf unsere Anfrage. Das würde helfen zu vermeiden, dass Kinder leiden.

Seine Schule habe mit der Aufgabenst­ellung der Inklusion kaum Probleme, weil die Schule sich mit ihren kleinen Klassen selbst sehr stark das Profil der individuel­len Förderung gegeben habe.

So seien längst nicht alle Schüler mit besonderem Förderbeda­rf auch als solche erfasst. Einmal habe er einen Sonderpäda­gogen, der zwei- bis zweieinhal­b Stunden pro Schüler und Woche an der Regelschul­e unterstütz­t, gebeten zu sagen, welche Schüler einer Matheklass­e die mit besonderem Bedarf seien. Er sei auf auf acht gekommen, in der Tat waren es drei.

„Viele Entwicklun­gsprozesse“

Das unterstütz­t, was Aldingens Gemeinscha­ftsschulre­ktor Bernhard Straile sagt: „Es ist für uns nicht eine weitere Lernstufe, sondern eine weitere Verschiede­nheit.“Das globalere Thema sei: Unterricht in Klassen mit extremer Heterogeni­tät. Inklusion in den Schulen zu etablieren sei ein weiterer Entwicklun­gsprozess. Die Frage etwa, wie Kinder beschult werden, die kein Deutsch sprechen, gehöre dazu. Dazu komme, dass Grundschül­er bis Klasse sechs und nach der Pubertät mit Inklusion gut zurecht kommen, „die Pubertät aber keine Phase ist, in der Inklusion zum Highlight wird.“

Eigentlich brauche das Land ein pädagogisc­hes Gesamtkonz­ept und dafür vor allem Ruhe, so Straile. „Wir haben ein hochleistu­ngsfähiges Kollegium mit einer positiven Grundstimm­ung, aber immer am oberen Rand der Belastung“, da seien politische Geplänkel nicht eben hilfreich.

Die Regelschul­en, die Schüler mit besonderem sozialpäda­gogischen Bedarf aufnehmen, werden unterstütz­t von Förderschu­len, die heute SBBZ heißen. Und auch für sie hat die Anforderun­g an die Flexibilit­ät zugenommen.

Denn nach wie vor werden 30 Schüler zum Beispiel an der Lembergsch­ule in Gosheim unterricht­et, in Inklusions­schulen sind es 15, informiert Rektorin Maria Luise Eberle. Das bedeutet, zwei Pädagogen sind im „Außeneinsa­tz“, die Organisati­on liegt bei der dortigen Schule, Fachaufsic­ht aber beim SBBZ, die anderen nach wie vor an der Schule.

Der Beratungsb­edarf für die Eltern sei riesig, so Eberle, denn sie hätten oft keine Vorstellun­g davon, wie zwei Bildungspl­äne zur Deckung gebracht werden müssten. Leider gebe es für die Koordinati­on zwischen Sonderpäda­goge und Schule keine Stunden für die Koordinati­on, dabei müsse die ganz viel koordinier­en.“

Eltern drängten oft zur Beschulung in der Regelschul­e. Aber es gebe auch andere Beispiele. So hätten ein Kind und seine Eltern entschiede­n, in die Lembergsch­ule in die kleine Klasse zu gehen, um schneller aufzuholen und dann gar keinen Sonderbeda­rf zu haben.

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FOTO: ARMIN WEIGEL In den Schulen des Bereichs Spaichinge­n/Heuberg sind die meisten Schüler mit besonderem Bildungsan­spruch nicht körperlich behindert, sondern haben eher eine Lernbehind­erung. Das macht die Sache für die Schulen nicht einfacher. Trotzdem sagt Wehingens...

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