Staatsanwaltschaft: Dreifachmörder ließ Ex-Freundin bewusst am Leben
92 Zeugen und extreme Sicherheitsvorkehrungen im Rottweiler Verfahren um die Bluttat von Villingendorf
- Vom morgigen Freitag an muss sich ein 41-jähriger Mann aus dem Kreis Tuttlingen wegen dreifachen Mordes vor dem Landgericht verantworten. Er wird beschuldigt, am 14. September 2017 in Villingendorf (Kreis Rottweil) seinen sechsjährigen Sohn, den neuen Partner (34) seiner ehemaligen Lebensgefährtin und dessen Cousine (29) erschossen zu haben.
Es handelt sich um eine besonders perfide Bluttat. Nach Überzeugung der Ermittler war es kein Zufall, dass Drazen D. seine frühere Lebensgefährtin verschonte: Er habe sie bewusst nicht getötet, urteilt der Staatsanwalt, um sie nach dem Verlust des gemeinsamen Sohnes, des neuen Freundes und dessen Cousine für den Rest des Lebens leiden zu lassen.
Drazen D. hatte die Trennung im Februar 2017 nie verwunden: Er soll seine frühere Partnerin danach mehrfach bedroht haben. Wie die Ermittlungen ergaben, besorgte er sich im August in seiner Heimat Kroatien oder in Serbien ein Repetiergewehr. Am Abend des 14. September setzte er seinen Plan in die Tat um: Er fuhr zur Wohnung in Villingendorf, die er zuvor ausfindig gemachte hatte, begab sich auf die Terrasse und schoss gezielt auf seine Opfer. Sein Sohn und der Nebenbuhler waren sofort tot, dessen Cousine erlag ihren Verletzungen im Krankenhaus.
Drazen D. flüchtete und blieb trotz aufwendiger Suchaktionen der Polizei mit Hubschraubern und Suchhunden, unter Einbeziehung der Behörden in Kroatien, spurlos verschwunden. Unter umso ungewöhnlicheren Umständen kam es zur Festnahme am Nachmittag des 19. September: Anwohner in der Dorfmitte des Rottweiler Teilorts Neufra meldeten der Polizei eine verdächtige Gestalt. Eine Streifenbesatzung rückte aus. Es war Drazen D. „Ich bin der, den Sie suchen“, sagte er zu den Beamten und ließ sich widerstandslos festnehmen. Er hatte sich in Wäldern versteckt und wirkte ziemlich erschöpft und verwahrlost. Seither sitzt er in Schwäbisch Hall in Untersuchungshaft.
Der Prozess sprengt mit 92 Zeugen, zwölf Nebenklägern, fünf Sachverständigen, gut 2000 Seiten Gerichtsakten und einer mehrmonatigen Dauer die am Landgericht Rottweil gewohnten Dimensionen. Hinzu kommen extreme Sicherheitsvorkehrungen. Bisher sind bis Ende Juni 18 Verhandlungstage terminiert, doch Kenner gehen davon aus, dass sich das Verfahren bis in den August hinziehen wird.