Ein letztes Mal Bewährung
Ein 63-Jähriger aus Kolbingen muss wegen Betrugs doch nicht ins Gefängnis
● Kolbingen/Rottweil - Erfolg hatte ein 63-Jähriger aus Kolbingen mit seinem Berufungsantrag beim Landgericht in Rottweil: Er muss nicht wegen Betrugs und Fahrens ohne Fahrerlaubnis für fünfeinhalb Monate ins Gefängnis, falls er die nächsten drei Jahre nicht wieder mit dem Gesetz in Konflikt gerät.
Darf man einen Kaminofen für mehr als 3000 Euro bestellen, wenn man ihn nicht bezahlen kann? Nein, befand der Strafrichter in Tuttlingen am 7. Dezember 2017 und verurteilte den Angeklagten, der zur Tatzeit wegen eines ähnlichen Delikts unter Bewährung stand, zu vier Monaten Haft.
Da auch noch ein Urteil wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis über drei Monate offen war, verhängte der Strafrichter die genannte Gesamtstrafe – ohne Bewährung. Die wollte der geständige Arbeiter jedoch unbedingt, weil er sonst die Kündigung seines seit 14 Monaten bestehenden Arbeitsverhältnisses befürchtete, und ging in Berufung. Allerdings verschwitzte er den Gerichtstermin und kam erst nach einem dringenden Anruf seiner Verteidigerin nach Rottweil, 80 Minuten zu spät, direkt vom Arbeitsplatz. Und ohne ein Wort der Entschuldigung.
Zwei Zeugen waren geladen: Die Chefin des Trossinger Betriebs, der den Ofen geliefert hatte, und deren Anwalt. Von Mahnung, Mahnbescheid und ergebnislosem Vollstreckungsbescheid war die Rede, auch von der Ablehnung eines Rückholangebots. Seit der Verhandlung in Tuttlingen wurde der Kaufpreis jedoch restlos erstattet, dank eines Arbeitsgeberkredits. Somit war die angeordnete Einziehung des Ofens nicht mehr gültig. Nicht leicht machten sich der Vorsitzende Richter Thomas Geiger und die beiden Schöffen die Entscheidung „Knast oder nicht“.
Die Staatsanwältin hatte vehement gegen eine Strafaussetzung zur Bewährung plädiert. Schließlich hat der Angeklagte eine „Latte von Vorstrafen“: elf seit Sommer 2007. Zehn Mal war es bei Geldstrafen für Verkehrsdelikte und kleine Diebstähle geblieben. Eine zehnmonatige Bewährungsstrafe setzte es aber 2015 wegen Betrugs. Der Angeklagte hatte bei einem Fridinger Betrieb ein neues Dach für rund 30 000 Euro für das fast 200 Jahre alte Haus geordert, das er mit seiner Lebensgefährtin bewohnt, die Rechnung aber ignoriert.
Für einen Wiederholungstäter und Bewährungsbrecher sei eine Freiheitsstrafe nun unerlässlich, forderte die Anklägerin: „Wenn es wieder Bewährung gibt, verlieren wir unsere Glaubwürdigkeit.“Die Verteidigerin brauchte keine zwei Minuten, um das Anliegen ihres Mandanten zu untermauern. Er selbst verzichtete auf ein letztes Wort.
„Sie bewegen sich auf einem ganz schmalen Grat“, warnte Richter Geiger den 63-Jährigen „letztmalig“nach der Urteilsverkündung. „Falls noch mal was passiert, sind Sie weg“. Unerklärlich fand der Richter die Tat bei jemandem, der über ein Monatseinkommen von rund 2300 Euro netto verfüge und keine Miete zahlen müsse. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.