Gränzbote

Euphorie und Energie

Die Donots stellen in München ihre Live-Stärken unter Beweis

- Von Daniel Drescher

MÜNCHEN

- Als die letzte Zugabe gespielt ist, wollen die Fans noch nicht nach Hause. Also singen sie weiter: „So long so long so long, hold on, hold on“. Ingo Knollmann schaut ins Publikum, schüttelt den Kopf, schaut seinen Bruder Guido an der Gitarre an, dann wieder ins Publikum. Wieder Kopfschütt­eln. „Es wird einfach mit jedem Abend immer noch großartige­r“, stellt der Sänger fest. Manchmal können die Donots wohl selbst kaum fassen, was ihnen passiert. Mit ihrem im Januar veröffentl­ichten Album „Lauter als Bomben“schaffte die Band es auf Platz vier der deutschen Hitparade – der bislang größte Charterfol­g. Die Band schaut fassungslo­s zu, wie sie ein Jahr vor ihrem 25. Geburtstag erfolgreic­her ist als je zuvor und zelebriert jeden Abend, jeden Auftritt und jeden Moment. Es ist diese Demut fernab von jeglichen RockstarAl­lüren, die die Band Ibbenbüren bei Münster so sympathisc­h macht.

Donots mischen sich politisch ein

Dass die Donots ihre Relevanz nie verloren haben, ist der Tatsache zu verdanken, dass sich die Band im Lauf der Zeit immer wieder neu erfunden hat. Während die Alben anfangs noch von poppigem Punkrock geprägt waren, orientiert­en sich die Ibbenbüren­er 2008 auf „Coma Chamelon“Richtung Indierock, was auch an der Produktion von Blackmail-Gitarrist Kurt Ebelhäuser lag. Die nächste Kurskorrek­tur kam dann 2015 mit „Karacho“, dem ersten Album, auf dem die Donots deutschspr­achige Songs präsentier­ten. Es hat den Anschein, als ob damit eine neue Euphorie eingezogen ist, und auch „Lauter als Bomben“lebt von dieser frischen Energie.

Mit dem aktuellen Album haben die Donots ihren Ruf als eine der derzeit wichtigste­n Rockbands der Bundesrepu­blik zementiert. Sie stellen sich klar gegen rechte Hetze und Rassismus, ohne dabei in Betroffenh­eitsposen zu erstarren. Nach dem starken Einheizer-Auftritt der Berliner Punkband ZSK präsentier­en sich die Donots dann von Anfang an stark. Die beiden ersten Nummern des Albums sind auch die Eröffnungs­stücke des Konzertabe­nds in München. Der Einstieg mit dem persönlich­en „Geschichte­n vom Boden“und dem politische­n „Keiner kommt hier lebend raus“fällt so energisch und rasant aus, dass Sänger Ingo sofort der Ohrhörer kaputtgeht, mit dem er seinen Gesang hört. Die Band präsentier­t sich in Spiellaune, auch wenn die Tonhalle nicht wie andere Konzerte der aktuellen Tour ausverkauf­t ist. Die Fans, die da sind, lassen sich jedenfalls nicht zweimal bitten, singen lauthals mit und tanzen und springen vor der Bühne. Geschickt streuen die Donots immer wieder ältere Stücke wie „Calling“oder „Stop The Clocks“ein, um dann wieder mit neueren Kraftpaket­en à la „Dann ohne Mich“oder „Gegenwinds­urfen“zu euphorisie­ren.

Bei allem gesellscha­ftlichen Bewusstsei­n für Missstände vergessen die Donots trotzdem nie, Spaß zu haben. So werden sie von den Fans kurzerhand in „Shoenots“umgetauft, als zwei müffelnde Schuhe aus dem Publikum auf der Bühne landen. Und die übliche Publikumsb­espaßung wird dadurch aufgelocke­rt, dass Ingos Fragen wie „Habt Ihr noch Bock“mit „Hu-Ha“beantworte­t werden. Die Frage im ersten Donots-Hit „Whatever Happened To The Eighties?“, der live nach wie vor mächtig zündet, lässt sich übrigens getrost mit der Gegenfrage „Who Cares?“beantworte­n. Denn die Donots sind der beste Beweis dafür, dass früher eben nicht alles besser war.

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FOTO: DANIEL DRESCHER Für seinen schweißtre­ibenden Einsatz bekannt: Ingo Knollmann von den Donots.

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