Wieder luftiger
Wie die Männermode in diesem Frühjahr Grenzen sprengt
Ganz gleich, ob es nun modern ist oder nicht – in einem Outfit sollte man sich wohlfühlen. Diesem einleuchtenden Ziel hat sich zuletzt nicht nur die Frauenmode verschrieben. Ab diesem Frühjahr dürfen auch modebewusste Männer auf den Zug aufspringen. Nach Jahren der engen Schnitte wird es wieder luftiger und weiter. Die Modedesigner wagen zugleich eine kleine Revolution. „Alles ist erlaubt, es gibt keine Regeln“, fasst Petra Schreiber vom Bundesverband Farbe Stil Image im hessischen Schmitten die Trends zusammen. Sogar der Rock für den Mann soll Mode werden.
Sie wanderten schon im vergangenen Jahr wieder auf die Kleiderstangen – und sind in diesem Jahr erst recht nicht mehr wegzudenken: Chinos und Bundfaltenhosen. Letztere haben schrittweise mehr Volumen bekommen: Zunächst rutschte die Taille hoch, nun zieht die Fußweite nach. „Sie werden unten weiter und steigern sich nach und nach“, sagt René Lang, Modedesigner und Präsident des Netzwerks deutscher Modeund Textildesigner in Würzburg. Der Trend setzt sich obenherum fort: Kragen und Krawatten werden ebenfalls breiter.
Die restliche Oberbekleidung soll auch nicht länger eng ansitzen. „Knallenge Looks zeugen nicht mehr von Modernität, wie es vor einigen Jahren der Fall war“, sagt André Bangert von der Fachzeitschrift „Textilwirtschaft“. Oversized Sweats und Hemden sowie übergroße Sakkos oder weite Anzüge gehören ab Frühjahr in den Kleiderschrank des modebewussten Mannes. „Wer sich damit schwertut, sollte sich zunächst an die weiteren Hosen trauen“, rät Bangert. Eine Bundfaltenhose kombiniert man etwa mit einem engen Oberteil.
Doch es geht auch andersherum. „Eine enge Hose zum weiten Sakko betont die männliche V-Linie“, erklärt Lang. Gerade beim OversizedLook ist das wichtig, denn er ist nicht nur bequem und lässig, sondern trägt leider auch optisch auf. „Kleine, fülligere oder korpulente Männer sollten nicht zu viel von weiten Looks und Layering tragen“, rät daher Schreiber. Stattdessen sollten sie ihre Silhouette durch Formen und Schnitte stylen.
Auch draußen wird es voluminös: Männer tragen am lauen Frühlingsabend Blousons, ganz im Stil der Collegeund Bomberjacken. Leichte Stoffe wie Nylon machen sie fein und casual – einfarbig oder bunt gemustert. Strickjacken bekommen Dufflecoat-Verschlüsse, wie Lang aus dem Handel berichten kann.
Blautöne sind gerade nicht wegzudenken. Sie sind der Dauerbrenner unter den Farben. Auch im Frühling und Sommer bleiben sie als Statement-Farbe erhalten. Dazu gesellt sich Beige. „Ob als Hose, kombiniert mit hellblauem Hemd und dunkelblauem Sakko oder Pullover“, sagt Schreiber. Dazu passen feine braune Schuhe in Velours- oder Glattleder. „Auch als Mantel passt die Farbe Beige super zum minimalistischen Outfit aus schwarzer Hose und schwarzem Rollkragenpullover.“Alternativ: „Rosé und Pflaume lassen sich gut zu blauen oder grauen Kleidungsstücken kombinieren“, findet Lang. Spannend ist auch ein Tabakton dazu. „Dann sollte man allerdings nicht zu blass sein“, sagt Bangert.
Einige Muster der 80er und 90er feierten schon im Winter ihr Comeback – nun schaffen sie es auch noch in die Frühjahrsmode. „Karos und das klassische Burberry-Muster sind im Trend“, berichtet Schreiber. Ob Jacke oder Hose – das gemusterte Kleidungsstück sollte dabei grundsätzlich mit einem einfarbigen Teil kombiniert werden. „Dann wirkt wenigstens auch das Muster.“Richtig auffällig wird es dann im Sommer: Kräftige und bunte Töne ersetzen das Pastell des Frühlings. „Beliebt sind dabei florale Prints und das PaisleyMuster.“
Neben den weiten Schnitten laden auch die Stoffe zum Wohlfühlen ein. „Jersey ist der Stoff der Stunde“, betont Bangert. Was man von Jogginghosen und Sweat-Shirts kennt, wird nun auch beim Anzug und Hemd eingesetzt. „Der Jersey sollte jedoch nicht zu schwer sein, sonst wirkt der Anzug schnell wie ein Bademantel“, sagt Bangert. Neben technischen Materialien bleibt auch Baumwolle beliebt – unter anderem im Denim-Look. Auffällig ist der Materialmix mit Cord oder Leder.
Die Grenzen zwischen den Geschlechtern werden verwischt. „Immer mehr Unisex-Mode kommt“, sagt Schreiber. Und es sind nun auch Röcke und Kleider in der Männermode zu finden – sicherlich nicht für jeden etwas. Aufregend, aber alltagstauglicher sind hingegen asymmetrische Schnitte, Formen und Muster. Das kann vorteilhaft wirken: Bestimmte Körperregionen lassen sich damit kaschieren oder hervorheben.
André Bangert, Fachzeitschrift „Textilwirtschaft“
Knallenge Looks zeugen nicht mehr von Modernität.