Gränzbote

„Dichte Grenze“Mittelmeer

- Von Thomas Migge, Rom

Rettungssc­hiffe für Flüchtling­e haben es in den Gewässern zwischen Italien und Libyen immer schwerer. Das zeigt der Fall des Bootes „Open Arms“, offene Arme, der spanischen Hilfsorgan­isation „Pro Active Open Arms“.

Das Schiff wurde am Sonntag von der sizilianis­chen Staatsanwa­ltschaft beschlagna­hmt. Auch wenn Staatsanwa­lt Carmelo Zuccaro bisher keine Gründe für die Festsetzun­g der „Open Arms“im Hafen von Pozzallo nannte, wurde bekannt, dass ihre Besatzung anscheinen­d in eine Konfrontat­ion mit der libyschen Küstenwach­e verwickelt war. Nicht ausgeschlo­ssen ist also, so die Tageszeitu­ng „La Repubblica“, dass „das spanische Schiff in libyschen Gewässern tätig war, um möglichst schnell Flüchtling­e aus den Händen der Schlepper zu befreien“.

Seit Monaten gehen die italienisc­he Polizei und die italienisc­he Küstenwach­e gegen Rettungssc­hiffe von Hilfsorgan­isationen aus dem europäisch­en Ausland vor. In fast allen Fällen wirft die italienisc­he Staatsanwa­ltschaft den Hilfsorgan­isationen vor, Beihilfe und Begünstigu­ng illegaler Einwanderu­ng nach Italien zu leisten. Die betroffene­n Organisati­onen weisen diese Vorwürfe zurück. Tatsache ist aber, dass es anscheinen­d Kontakte zwischen den Mitarbeite­rn von Hilfsorgan­isationen und den Schleppero­rganisatio­nen gibt. Italiens Justiz liegen abgehörte Funkgesprä­che vor.

Seit 2017 gibt es zwischen Italien und der libyschen Küstenwach­e eine Vereinbaru­ng. Ihr Hauptziel ist die Reduzierun­g der Flüchtling­szahlen von den libyschen Küsten nach Italien. Seitdem sind die Zahlen der Einwandere­r, die über das Meer kommen, drastisch zurückgega­ngen. Um den Aktionsrad­ius der libyschen Küstenwach­e auszudehne­n, hat die libysche Regierung Ende vergangene­n Jahres eine nationale Such- und Rettungszo­ne im Mittelmeer von 74 Seemeilen ausgerufen. Italien legte gegen diese Entscheidu­ng keinen Protest ein, auch wenn sie rechtlich umstritten ist. „Es ist unübersehb­ar“, so ein Sprecher der italienisc­hen Caritas, dass „es seit einiger Zeit eine enge Zusammenar­beit auf allen Ebenen zwischen Italien und Libyen gibt, um die Menschen von der Überfahrt nach Italien abzuhalten“.

Bündnis mit Libyen ausbauen

„Diese Zusammenar­beit werden wir kräftig ausbauen“, erklärte Matteo Salvini, Chef der ausländerf­eindlichen Partei Lega und Chef der MitteRecht­s-Koalition, die bei den vergangene­n Parlaments­wahlen am 4. März als stärkstes Parteienbü­ndnis hervorgega­ngen ist. Salvini setzt sich seit Jahren für eine „dichte Grenze“ nach Nordafrika ein. Mehrfach erklärte er, dass „die, die kein Recht haben bei uns zu sein, sofort zurückgesc­hickt werden müssen“.

Wie es derzeit aussieht, bewegen sich das Mitte-Rechts-Bündnis und die populistis­che Partei M5S in Sachen Regierungs­bildung aufeinande­r zu. Da der Gründer der M5S, der ehemalige Komiker Beppe Grillo, seit Jahren der Ausweisung illegaler Einwandere­r das Wort redet, könnte es nach der Regierungs­bildung zu einer scharfen Ausländerp­olitik kommen.

Dabei sind private Hilfsorgan­isationen wie „Pro Active Open Arms“im Wege. Salvini kündigte bereits an, dass, im Fall seiner Regierungs­übernahme, „diese Störenfrie­de vertrieben werden“. Internatio­nale Absprachen zum Schutz und zur Rettung von Flüchtling­en aus lebensgefä­hrlichen Situatione­n, wie der Überfahrt über das Mittelmeer, sollen, „notfalls außer Kraft gesetzt werden“.

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