Gränzbote

Scholz beharrt auf G20-Vereinbaru­ng von Hamburg

Neuer Bundesfina­nzminister warnt beim Treffen der Finanzelit­e vor Abschottun­g

- Von Georg Ismar

BUENOS AIRES (dpa) - 15 Stunden hin, 15 Stunden zurück, 36 Stunden Abtasten beim Treffen der G20-Finanzmini­ster und Notenbankc­hefs – Olaf Scholz hat als neuer Bundesfina­nzminister dicke Bretter zu bohren. Der Handelsstr­eit schwebte als Schatten über Buenos Aires. Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (SPD) beharrte nach der Ankündigun­g von US-Präsident Donald Trump, Strafzölle auf Stahl und Aluminium zu verhängen, auf der Erklärung des letzten G20Gipfels in Hamburg. Darin heißt es, man bekämpfe „Protektion­ismus einschließ­lich aller unfairen Handelspra­ktiken“.

Handel ist eigentlich gar nicht das Thema der Finanzelit­e, die in dem weitläufig­en Konferenzz­entrum versammelt ist, aber man fürchtet eine Kettenreak­tion, mit Folgen für Wohlstand und Arbeitsplä­tze weltweit. Argentinie­n hat Ende 2017 von Deutschlan­d die G20-Präsidents­chaft übernommen – und besonders die Europäer sind in einem Dilemma, ob sie sich an die Seite Chinas stellen sollen und der Westen sich spaltet. Zur Wahrheit gehört auch, dass beim Stahl die hohen Überkapazi­täten wegen einer Stahlschwe­mme aus China ein Problem sind – da so weltweit die Preise gedrückt werden. In Buenos Aires steht es aber dennoch quasi 19:1 gegen die USA, deren Finanzmini­ster Steven Mnuchin da ist.

Scholz pocht auf freien und fairen Handel. „Das ist die Sprache von Hamburg“, sagte er bei einer Pressekonf­erenz mit seinem argentinis­chen Amtskolleg­en Nicolás Dujovne. Das bezieht er auf die Beschlüsse des letzten G20-Gipfels der Staats- und Regierungs­chefs im Juli 2017. In der Hamburger Erklärung heißt es: „Wir werden die Märkte in dem Bewusstsei­n offenhalte­n, wie wichtig auf Gegenseiti­gkeit beruhende und für alle Seiten vorteilhaf­te Handels- und Investitio­nsrahmen sind; werden Protektion­ismus einschließ­lich aller unfairen Handelspra­ktiken weiterhin bekämpfen und erkennen die Rolle rechtmäßig­er Handelssch­utzinstrum­ente an.“Die USA argumentie­ren, wegen der Stahlkrise sei ein Schutzinst­rument dringend geboten.

Streit um Digitalkon­zerne

Für Scholz ist Protektion­ismus, die Abschottun­g eine Erfindung des 19. Jahrhunder­ts: „Alleine können wir die Welt nicht bestimmen.“22 Minister, 17 Zentralban­kchefs und zehn Chefs internatio­naler Organisati­onen nehmen an dem bis Dienstag dauernden Treffen teil, auch die Chefin des Internatio­nalen Währungsfo­nds (IWF), Christine Lagarde. Die macht klar: „Bei Handelskri­egen gibt es keine Gewinner.“Die EU und der südamerika­nische Wirtschaft­sbund Mercosur wollen ungeachtet der jüngsten Entwicklun­gen weiter an einer Freihandel­szone arbeiten und den Warenausta­usch für mehr als 800 Millionen Menschen stärken.

Umstritten auf der G20-Ebene war in Buenos Aires auch ein EU-Vorstoß für eine stärkere Besteuerun­g von Digitalkon­zernen. Mit Blick auf deren hohe Gewinne erwägt die EU-Kommission, drei Prozent Umsatzsteu­er von den Konzernen in Europa zu erheben. Mit dem Vorschlag soll das Problem behoben werden, dass Konzerne wie Google und Facebook in den meisten EU-Ländern keine versteuerb­aren Firmensitz­e haben. Sie haben aber in praktisch allen Ländern eine Wertschöpf­ung – durch die Nutzung ihrer Dienste und Geschäfte mit den Daten der Bürger.

Die Gewinne werden grenzübers­chreitend im Netz erzeugt – anders als bei Industrieu­nternehmen mit Fabriken in einem bestimmten Land, gibt es kaum Möglichkei­ten, diese zu besteuern. Brasiliens Finanzmini­ster Meirelles sagte, es gebe unterschie­dliche Vorstellun­gen. „Die Debatte ist erst am Anfang.“Auch Scholz sprach von hochkomple­xen steuerrech­tlichen Fragen.

Schnelle Fortschrit­te waren nicht zu erwarten, ebenso bei der Frage nach einer Regulierun­g von Digitalwäh­rungen wie Bitcoin. Diese werden in komplizier­ten Rechen-Prozessen erzeugt und kommen bei Zahlungen im Internet zum Einsatz. Aber das kann auch für Geldwäsche und Terrorfina­nzierung genutzt werden.

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FOTO: DPA Olaf Scholz

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