Aus Leerstand soll Wohnraum werden
Stadt, Caritas und Diakonie starten eine Umfrage in der Innenstadt
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TUTTLINGEN - In Tuttlingen fehlen Wohnungen, vor allem im preisgünstigen Segment. Gleichzeitig steht vor allem in der Innenstadt Wohnraum leer. Hier setzt die Stadt Tuttlingen zusammen mit den Wohlfahrtsverbänden Caritas und Diakonie an: Sie startet eine Klingelaktion, um mittels eines Fragebogens von Leerständen zu erfahren und auch die Gründe, warum dies so ist.
Auf dem Höhepunkt des Flüchtlingszuzugs vor zwei Jahren hat die Stadtverwaltung schon einmal einen Versuch gemacht, leerstehenden Wohnraum in Erfahrung zu bringen und diese Räume anmieten zu können. „Das hatten wir uns einfacher vorgestellt“, bekennt der Tuttlinger Oberbürgermeister Michael Beck. Nur fünf neue Mietverhältnisse seien damals zustande gekommen. Ein Hauptproblem stellt der Datenschutz dar. OB Beck: „Wir bekommen gar nicht raus, wo überhaupt Leerstände sind und wie viele es gibt.“
Doch der Druck auf den Wohnungsmarkt steigt weiter. Vor allem im kostengünstigen Segment gibt es eine sehr hohe Nachfrage. Deshalb nun dieser zweite Versuch in Kooperation mit Caritas und Diakonie, die das Mehrgenerationenhaus (MGH) in der Tuttlinger Bergstraße betreiben. Gemeinsam wurde ein Flyer entworfen mit dem Titel „Leerstand vermeiden“, der noch vor Ostern verteilt wird. Zwei Mitarbeiter der Stadtverwaltung und der Caritas werden gemeinsam losziehen. Im Fokus steht zunächst das Quartier rund um das MGH – also die Bereiche zwischen Stockacher- Möhringer- und Freiburgstraße. Hier gibt es viele ältere Mehrfamilienhäuser, die sich als günstigen Wohnraum anbieten. In der Umfrage wird abgefragt, wer Eigentümer einer leerstehenden Wohnung oder Immobilie ist oder wer jemand kennt und vor allem, warum die Immobilie leer steht.
Rücklauf von vier Wochen
Eingeplant ist ein Rücklauf von vier Wochen. Die Daten, so versichern Stadt und Wohlfahrtsverbände, werden nicht an Dritte weitergegeben und dienen ausschließlich dem Zweck, Leerstände zu beseitigen. „Wir wollen die Vermietung ein stückweit attraktiver machen“, so Ulrike Irion von der Caritas, „und die Hemmschwelle senken“.
Alleinerziehende Mütter mit ihren Kindern, geringverdienende Familien, geflüchtete Einzelpersonen oder Familien gehören zum Klientel, für die Stadt und Verbände diesen Aufwand betreiben. „Das sind keinesfalls Mietnomaden“, erklärt Dennis Kramer von der Kreisdiakonie Tuttlingen, sondern Menschen, die an einer langfristigen Unterkunft interessiert seien. Er ergänzt: „Wenn der Schutzraum Wohnung nicht da ist, dann lässt sich an allen anderen Problemen nicht ansetzen.“
Die Stadt Tuttlingen könnte sich auch vorstellen, formal als Mieter aufzutreten, um dem Vermieter Sicherheit zu geben und ihm weitere Arbeit abzunehmen. Ein Mehrwert für die Mieter soll zudem die Nähe zum MGH sein, als Begegnungs- und Beratungsstätte.
Ein weiteres Thema ist der Sanierungsaufwand mancher Wohnungen, die leer stehen. „Auch das wollen wir uns anschauen“, sagt Ulrike Irion.