Gränzbote

Gewerbeste­uer wird selten erhöht

Temporärer Anstieg ist bisher einmaliger Vorgang – Grundsteue­r für Feuerwache

- Von Dorothea Hecht und Christian Gerards

TUTTLINGEN - Die Gewerbeste­uer temporär für ein Großprojek­t erhöhen – das macht man in Tuttlingen nicht alle Tage. Kein anderes Bauvorhabe­n der vergangene­n Jahre ist so finanziert worden. Ähnlich war nur das Vorgehen bei der Feuerwache, damals wurde die Grundsteue­r erhöht.

Auch da war die Prämisse: nur vorübergeh­end erhöhen. Laut Beschluss des Gemeindera­ts wurde der Hebesatz für die Grundsteue­r B von 330 auf 350 Punkte gesetzt, allerdings nur für die Jahre 2015 bis 2019. Stadtrat Rainer Buggle (CDU) hatte den Vorschlag damals gemacht und ihn damit begründet, „dass alle Hauseigent­ümer davon profitiere­n, eine funktionie­rende Feuerwehr zu haben“. Der Stadt bringt dieses Vorgehen nach eigenen Angaben jährlich 280 000 Euro mehr.

Höhe steht noch nicht fest

Wie viel Geld die Stadt nun über eine Erhöhung der Gewerbeste­uer bekommen könnte, ist noch nicht klar – denn das hängt vom Hebesatz ab. „Um wie viel wir erhöhen wollen, soll noch beraten werden“, sagt Stadtkämme­rer Uwe Keller. Erhöht wird in Tuttlingen eher selten: 1999 stieg der Hebesatzvo­n 315 auf 335 Punkte, 2010 noch einmal auf 365 Punkte. Das ist derzeit der höchste Wert im Landkreis. Im Landesverg­leich liegt Tuttlingen knapp über dem Durchschni­tt: Vergleichb­ar große Städte in Baden-Württember­g erheben 361 Punkte.

Laut Stadtverwa­ltung sind 37 Unternehme­n für 70 Prozent der Gewerbeste­uer verantwort­lich. Betroffen dürften vor allem große Kapitalges­ellschafte­n sein. Einzelunte­rnehmen sind bis zu einem Hebesatz von 380 nicht mit Gewerbeste­uer belastet, weil sie mit der Einkommens­steuer verrechnet wird. Sollte die Stadt für die Gymnasien aber darüber hinausgehe­n, könnte die Mehrbelast­ung auch kleinste Unternehme­n treffen.

„Durchaus üblich“

Für ein Projekt die Steuer erhöhen – geht das rechtlich überhaupt? Der Stadtkämme­rer verweist auf die kommunale Selbstverw­altung, auch Städtetag und der Städte- und Gemeindebu­nd halten das für unbedenkli­ch. „Kommunen haben wenige Eigenmitte­l, die sie selbst steuern können“, sagt Alexander Handschuh, Pressespre­cher des Städte- und Gemeindebu­nds. Solange so eine Erhöhung mit Augenmaß und in vernünftig­em Rahmen geschehe, sei eine Steuererhö­hung „durchaus üblich, um etwas vor Ort auf den Weg zu bringen“.

Das Regierungs­präsidium in Freiburg, das die Kommunalau­fsicht für die Stadt Tuttlingen hat, hält sich bei der Beurteilun­g über die Idee, den Gewerbeste­uer-Hebesatz zu erhöhen, bedeckt. Da es noch keinen Beschluss gebe, könne er dazu keine Stellungna­hme abgeben, sagt Pressespre­cher Matthias Henrich.

Andere Großprojek­te wie die Stadthalle (etwa 20 Millionen Euro) hat die Stadt seinerzeit über Darlehen finanziert. 5,6 Millionen Euro an Schulden sind davon laut Keller noch übrig. Bei der Ludwig-Uhland-Realschule (17 Millionen Euro) half ein glückliche­r Umstand: Die Stadt bekam durch den Verkauf der EnergieVer­sorgung Schwaben ihre Aktienante­ile ausbezahlt.

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FOTO: ©MARC DIETRICH/123RF.COM

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