Pyromane fackelte 1992 Haus „Adam“ab
Bei der Brandstiftung am heutigen Theresienkreisel wurden rund 30 Menschen obdachlos
TROSSINGEN (ls/sfk) - An „Mordsgeschichten“erinnern wir in unserer gleichnamigen Serie. Redakteure haben sich auf die Spurensuche gemacht und spektakuläre Kriminalfälle der vergangenen Jahrzehnte ausgegraben. So wie die Brandstiftung im Haus „Adam“am heutigen Theresien-Platz am Freitag, 2. Oktober 1992, die einen Millionenschaden anrichtete und zahlreiche Menschen in Gefahr brachte.
Als die Freiwillige Feuerwehr Trossingen mit 70 Mann zu dem Brand gerufen wurde, wütete das Feuer bereits. Zu diesem Zeitpunkt wusste noch niemand, dass die Katastrophe kein Zufall, sondern Werk eines Brandstifters war. Doch die Brandursache spielte zunächst auch keine Rolle, galt es doch zunächst, Menschen zu retten und das Über- greifen des Feuers auf das Nachbarhaus zu verhindern.
Den rund 30 Bewohnern blieben nur wenige Minuten, um sich in Sicherheit zu bringen und alle verloren ihr Hab und Gut, wie die Trossinger Zeitung am 5. Oktober 1992 berichtete. Während das Gebäude selbst nicht gerettet werden konnte, gelang es der Feuerwehr aber, Elisabeth Adam, die 85-jährige Besitzerin des Hauses, über die Drehleiter lebend aus dem Haus zu bringen. Sie hatte es aus eigener Kraft nicht mehr ins Freie geschafft.
Elisabeth Adams Mann Walter Adam erlebte den Brand nicht mehr mit - er war bereits im Dezember 1980 gestorben. Im Wohn- und Geschäftshaus des Raumausstattermeisters und Filmchronisten Walter Adam befand sich zunächst neben dem Laden „Adam am Pavilon“auch sein beim Brand vernichtetes Archiv selbstgedrehter Filme. Nach Adams Tod wurde aus „Adam am Pavillon“die Gast- stätte „Oleanderstüble“und ein Elek- trofachgeschäft.
Unter den 30 Hausbewohnern lebten 1992 laut Zeitungsbericht neben zahlreichen Studenten der Musikhochschule auch Ausländer und ein Asylbewerber, was überregionale Medien auf den Plan rief. Denn im Jahr zuvor hatten Rechtsextreme im sächsischen Hoyerswerda mehrere rassistisch motivierte Angriffe verübt; dabei wurden ein Wohnheim für Vertragsarbeiter sowie ein Flüchtlingswohnheim angegriffen, Brandsätze flogen. Deshalb lief nach dem Trossinger Brand beim damaligen Pressesprecher der Polizei, Wolfgang Schoch, das Telefon heiß: „Überregionale Medien riefen an, weil sie in Trossingen ebenfalls einen fremdenfeindlichen Angriff vermuteten“, erinnert sich Schoch.
Schon unmittelbar nach dem Brand hatte er 1992 verneint, dass es sich um einen politischen Anschlag gehandelt habe, wollte die Vermutung, es handele sich um Brandstiftung, aber weder bestätigen noch dementieren: „Er räumte jedoch ein, daß man mit dieser These nicht völ- lig daneben liege“, schrieb die Tros- singer Zeitung damals.
Schon eine Woche vorher versuchte Brandstiftung
Denn eine Woche vor dem Feuer, am 27. September 1992, hatte es bereits einen Versuch gegeben, das Gebäude in Brand zu stecken: Ein Unbekannter hatte brennendes Papier durch ein Fenster ins Gebäude geworfen, die Flammen konnten allerdings schnell gelöscht werden.
Nicht so das Feuer vom 2. Oktober: Eineinhalb Tage dauerten die Löscharbeiten und Brandwache der Feuerwehr, immer wieder flackerten neue Flammenherde auf. Karl Vosseler, damals Feuerwehrkommandant, begründete dies mit den leicht brennbaren Materialen, aus denen das Haus gebaut war - beispielsweise Pressspan- und Weichfaserplatten.
Es dauerte nicht lange, bis die Polizei den Brandstifter fasste. „Alle Hausbewohner wurden überprüft“, berichtet Wolfgang Schoch, „wobei sich herausstellte, dass einer von ihnen bereits wegen Brandstiftung vorbestraft war.“Er entpuppte sich dann auch als Täter und wurde wegen Brandstiftung verurteilt. Bei ihm handelte es sich um einen Pyromanen, so Schoch - jemanden mit dem Drang, Feuer zu legen, der aus der Tat Befriedigung zieht.
Die Fotos, die der Trossinger Fotograf Swaran Arri damals gemacht hat, sind beeindruckend. Eine meterhohe Rauchsäule stieg in den Trossinger Himmel. Schaulustige beobachteten die Löscharbeiten der Trossinger Wehr. Teile der Straße wurden abgesperrt, der Verkehr rechts in die Tuningerstraße umgeleitet.
Auch Ralf Pfründer, Trossinger Fotograf, war damals beim Brand vor Ort. „Ich habe vom Efka-Turm und später von der Drehleiter der Feuerwehr aus gefilmt.“Der Schuremer war beeindruckt von der Leistung der Feuerwehr. „Die haben es tatsächlich geschafft, das Haus, das direkt neben dem brennenden stand, zu retten.“Das Brandhaus selbst, das war freilich komplett zerstört. „Oben war alles verbrannt, unten lief das Wasser überall heraus“, so die Erinnung Ralf Pfründers.